Wächterlymphknoten (SLN)

Sentinel-Lymph-Nodes beim Mammakarzinom (Teil 1)

schlumpfinchen 31 Jul, 2018 00:00

Einleitung und Kapitel 1: Anatomie und Physiologie des Lymphsystems - - - Quellenangaben


Sentinel-Lymph-Nodes (Wächterlymphknoten) beim Mammakarzinom (Teil1)

Einleitung

Die Wächterlymphknotenszintigraphie (auch Sentinel-Lymph-Node, von engl. sentinel ‚Wächter‘) ist ein Konzept in der Diagnose und Therapie bestimmter bösartiger Tumoren, insbesondere dem Mammakarzinom, dem maligne Melanom und dem Prostatakarzinom

Als Wächterlymphknoten werden diejenigen Lymphknoten bezeichnet, die im Abflussgebiet der Lymphflüssigkeit eines bösartigen Tumors an erster Stelle liegen. Sind in diesen Lymphknoten bereits Verbände von Tumorzellen mit dem Lymphfluss verschleppt worden, so finden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch weitere Metastasen in der Umgebung. Sind dagegen die Wächterlymphknoten tumorfrei, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass weitere Lymphknotenmetastasen vorliegen. Daher kommt dem Status der Wächterlymphknoten (befallen oder nicht befallen) in der Diagnostik und der weiteren Therapie eine besondere Bedeutung zu.

Die Identifizierung der Wächterlymphknoten erfolgt im Rahmen einer Lymphabstromszintigraphie (Wächterlymphknoten-Szintigrafie, Sentinel-Lymphknoten-Szintigrafie). Hierzu wird ein Eiweißstoff (Nano-Kolloid) mit radioaktivem 99mTechnetium markiert und in das Gewebe in der Nähe des Tumors gespritzt (peritumoral); weitere Möglichkeiten sind innerhalb der Haut (intrakutan), um die Brustwarze herum (periareolär) oder in das Unterhautgewebe (subdermal). Der Marker verbreitet sich über denselben Lymphabflussweg wie etwaiges Tumorgewebe und reichert sich in einem oder mehreren Wächterlymphknoten an. Diese Anreicherungen werden mit szintigraphischen Aufnahmen und unter Zuhilfenahme einer Mess-Sonde dargestellt und auf der Körperoberfläche markiert. Die Zahl der zu markierenden Lymphknoten variiert von Fall zu Fall.

Abb.1

Der oder die Wächterlymphknoten können anhand der Markierungen und mit Hilfe der Mess-Sonde unter Schonung der übrigen Lymphknoten (Non-Sentinel-Lymphknoten) operativ gezielt entfernt werden (Lymphadenektomie). Die entfernten Lymphknoten werden anschließend histopathologisch aufgearbeitet.


Kapitel 1

1. Anatomie und Physiologie des Lymphsystems

Die Lymphe (lympha = klares Wasser) entsteht durch Austritt von Blutplasma aus den Blutkapillaren in das Gewebe. Sie fließt zunächst in Gewebsspalten und wird dann über das Lymphsystem erneut den Blutkreislauf zugeführt.

1.1. Aufbau des Lymphsystemes

Das Lymphsystem besteht aus Lymphkapillaren, Lymphgefäßen und Lymphknoten.

Abb.2

1.1.1. Lymphkapillaren:

Die Lymphkapillaren (Abb.1) beginnen in der Peripherie als blindsackartig erweiterten Röhren von Endothelzellen und gehen dann in die Lymphgefäße über. Lymphkapillaren fallen durch ihr dachziegelartig geschichtetes Endothel und das Fehlen der Basalmembran auf. Sie beginnen lose im Gewebe und nehmen von dort Flüssigkeit, Partikel und Zellen auf.

1.1.2. Lymphgefäße:
Die Lymphgefäße (Abb.2) besitzen zahlreiche Klappen, die dafür sorgen, dass der Lymphstrom stets herzwärts gerichtet ist. Der Transport in den Lymphgefäßen wird durch aktive Bewegung der umgebenden Muskulatur verstärkt.

1.1.3. Lymphknoten:

Abb.3

Die Lymphgefäße führen zu den Lymphknoten (Abb.3), die von einer bindegewebigen Kapsel umgeben und durch Septen in einzelne Maschenräume aufgeteilt sind.

1.2. Funktion des Lymphsystems

Das Lymphgefäß-System hat neben der Funktion im Abwehrsystem auch eine Bedeutung im Flüssigkeitstransport und steht in enger Beziehung zum Blutkreislauf. Das Lymphgefäß-System transportiert überschüssige Flüssigkeit aus dem Gewebe und führt sie dem Blutkreislauf zu.

Die Aufnahme der so genannten lymphpflichtigen Last wird durch die Lymphkapillaren, mit denen das Lymphgefäßsystem beginnt, vorgenommen. Es handelt sich hierbei um mikroskopisch kleine Aufnahmegefäße, deren Aufnahmevolumen sich dem jeweiligen Bedarf anpasst (Stoffwechsellage). Die Entleerung geschieht sodann in die nächste Funktionseinheit, die kleinsten Lymphbahnen. Diese transportieren durch Kontraktionen der Gefäßwände den Inhalt, jetzt Lymphe genannt, weiter in die nächstgrößeren Lymphbahnen. Sie sind mit so genannten Taschenklappen ausgerüstet (wie in den Venen mit exakt gleichen Aufgaben), welche die Lymphe weitertransportieren.

Auf dem Wege durch den Körper gelangt die Lymphe zu den Lymphknoten bzw. Lymphknotenketten. In diesen etwa stecknadelkopf - bis bohnengroßen "Hohlorganen", die als Filter und Speicherorgan dienen, wird die Lymphe auf für den Körper schädliche Bestandteile überprüft. Sie haben außerdem eine wichtige Aufgabe für die körpereigene Abwehr; sie bilden weiße Blutkörperchen (Lymphozyten) und verringern die Lymphmenge, d. h. in den Lymphknoten wird der Lymphe zirka 50 % des Wassers entzogen.

Bei Entzündungen schwellen die Lymphknoten stark an und sind druck-schmerzhaft. Diese Schwellung bedeutet, dass die Lymphknoten zu diesem Zeitpunkt stark beansprucht werden. Die Lymphe gelangt letztlich über den Ductus thoracicus in das venöse System und erreicht nach Passage der Lunge wieder den arteriellen Kreislauf.

Dabei werden folgende Bestandteile vom Lymphgefäßsystem aufgenommen und anschließend abtransportiert: Wasser (zirka 2 - 4 Liter/ 24 Stunden), Eiweiß, Zelltrümmer, abgestorbene Zellen, Zellreste, Fremdkörper, z. B. Staub etc., Fette, Bakterien und andere Krankheitserreger. Beim Durchfluss des Lymphstromes werden die in den Lymphknoten gebildeten Lymphozyten ausgeschwemmt, gleichzeitig wird die Lymphe gefiltert.

Aufgrund der Filterfunktion der Lymphknoten werden nach subkutaner Injektion über die Lymphgefäße antransportierte Kolloide in den Lymphknoten abgelagert und somit nuklearmedizinisch nachweisbar.



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