Wächterlymphknoten (SLN)

Sentinel-Lymph-Nodes beim Mammakarzinom (Teil 2)

schlumpfinchen 30 Jul, 2018 23:00

Kapitel 2: Radiopharmakologie, Pharmakokinetik und Partikelgröße - - - Kapitel 3: Die Erkrankung des Mammakarzinoms :

Kapitel 2

2. Radiopharmakologie, Pharmakokinetik und Partikelgröße

2.1. Radiopharmakologie und Pharmakokinetik

Für die szintigraphische Untersuchung des Lymphsystems und insbesondere für die radioaktive Markierung des Sentinel-Lymph-Nodes beim Mammakarzinom werden Tc- markierte kolloidale Substanzen verwendet. Nach z.B. subkutaner Injektion gelangt ein Teil der verabreichten Kolloide mit der Gewebsflüssigkeit in die Lymphgefäße und über diese zu den regionären Lymphknoten in denen sie mechanisch oder durch Phagozytose zurückgehalten werden. Durch Muskelarbeit und Wärme wird der Lymphtransport erheblich verstärkt. Ein anderer Teil des Kolloids wird über den Ductus thoracicus dem venösen Kreislauf zugeführt und erreicht nach der Passage der Lunge wieder den arteriellen Blutkreislauf.

Wegen der kolloidalen Zusammensetzung der applizierten Substanz kommt es auf Grund der Phagozytose in den Kupfer'schen Sternzellen der Leber zu einer Speicherung in der Leber. Deshalb sieht man bei der Sentinel-Lymph-Node Darstellung öfters die Leber in der szintigraphischen Abbildung. Zusätzlich kommt es durch Abspaltung von Tc-Pertechnetat häufig zu einer Aktivitätsausscheidung über die Niere. Deshalb sind bei der szintigraphischen Untersuchung oft Niere und Blase dargestellt.

2.2. Partikelgröße

Die Partikelgröße ist von entscheidender Bedeutung welches Radiopharmakon praktikabel für die Sentinel-Lymph-Node (SLN) Darstellung ist. Da die SLN- Detektion oft kurz vor dem chirurgischen Eingriff stattfindet und somit relativ kurze Untersuchungszeiten von Nöten sind, hat sich Nanocoll, ein Nanokolloid aus einer Kombination von menschlichen Serumalbumin, für den klinischen Alltag bewährt. Nanocoll besitzt eine einhaltliche Partikelgröße um 80 nm. Diese Partikelgröße gewährleistet einen raschen Abtransport von der Injektionsstelle. Zudem wird der Lymphknoten einschließlich der Lymphbahn zuverlässig dargestellt und besitzt einen hohen Uptake im Lymphknoten. Ist die Partikelgröße zu groß, wird das Radiopharmakon nur sehr schwer und langsam vom Injektionsort zum Lymphknoten transportiert. Ist die Partikelgröße dagegen zu klein werden die Lymphkapillaren penetriert und die Partikel nur unzureichend durch die lymphatischen Gefäße transportiert.


Kapitel 3

3. Die Erkrankung des Mammakarzinoms

3.1. Aufbau der weiblichen Brust

Die weibliche Brust (lat. mamma) besteht aus Drüsen-, Fett- und Bindegewebe. Milchdrüsenläppchen (lat. lobuli), in denen die Muttermilch gebildet wird, und Milchgänge (lat. ductus) bilden das Drüsengewebe. Bindegewebsanteile machen die Brust elastisch und fest. Zwischen Drüsen- und Bindegewebe ist Fettgewebe eingelagert, das letztendlich Größe und Aussehen der Brust bestimmt. Die Brust enthält außerdem Blutgefäße, die von der Achselhöhle und vom Brustbein ausgehen. Weiterhin durchziehen Lymphbahnen die Brust.

Diejenigen Lymphknoten, die den größten Teil der Lymphe aus der Brust ableiten, befinden sich unter den Armen in den Achseln. Wegen ihrer Lage werden sie als axilliäre Lymphknoten bezeichnet. Sie spielen bei der Krebsausbreitung eine wichtige Rolle. Tumorzellen, die von einem bösartigen Brusttumor stammen, streuen zunächst in diese lokalen Lymphknoten. Danach können sich Krebszellen im ganzen Körper ausbreiten und an anderen Stellen (Knochen, Leber, Lunge, Gehirn) Tochtergeschwülste (Metastasen) bilden.

3.2. Die häufigsten Formen des Mammakarzinoms

Bösartige Tumore entwickeln sich meist im Drüsengewebe, in rund 60 Prozent der Fälle im äußeren oberen Quadranten, d.h. in dem der Achselhöhle am nächsten Teil der Brust.

Entsteht Brustkrebs in den Milchgängen, dann spricht man von einem „duktalen Karzinom“. Ebenso kann er in den Milchdrüsen entstehen. Die Bezeichnung hierfür ist „lobuläres Karzinom“.

Als Frühform von Brustkrebs gelten die sogenannten „in situ“ („am Ort“)-Karzinome, die nicht invasiv (d.h. nicht übergreifend) wachsen (abgekürzt DCIS für Duktales Carcinoma in situ oder LCIS für LobuläresCarcinoma in situ).

Brustkrebs, der entweder in den Milchgängen oder Milchdrüsen entstanden ist und sich bereits in einem anderen Bereich ausgebreitet hat, wird als „invasives (übergreifendes) Karzinom“ bezeichnet. Er kann über die Lymphbahnen die regionären Lymphknoten der Axilla befallen und von dort in andere Körperbereiche streuen (Knochen, Leber, Lunge, Hirn und Haut). Aus einer Erkrankung der Brust wird auf diese Weise eine Erkrankung des ganzen Körpers. Deshalb ist es so wichtig, Brustkrebs möglichst noch im „in situ“-Stadium zu entdecken, denn dann ist die Brustkrebserkrankung am ehesten heilbar.

3.3. Sonderformen des Mammakarzinoms

Das inflammatorischeMammakarzinom (IBC) ist ein seltener, sehr bösartiger Tumor. Er infiltriert die Haut und kann zunächst eine Entzündung vortäuschen mit Rötung und Erwärmung der Haut. Dieser Tumor ist sehr schwer zu therapieren, da er sehr frühzeitig in das Lymphsystem eindringt.

Das Paget-Karzinom entsteht in den Milchgängen (duktal) und infiltriert die Brustwarze. Daher imponiert dieser Tumor makroskopisch als Ekzem oder Geschwür.

3.4. Das TNM-System beim Mammakarzinom

Für die Festlegung der Tumorausbreitung und damit des Krankheitsstadiums werden mehrere Aspekte berücksichtigt. Insbesondere das so genannte TNM-System hat sich durchgesetzt, welches die Erkrankung in Hinblick auf Tumorgröße, Lymphknotenbefall (lateinisch "nodus" = Knoten) und Metastasierung (Absiedlung von "Tochtertumoren" = Metastasen) beschreibt.

Das TNM-System dient der symbolischen Beschreibung der Ausdehnung der Krebserkrankung:

  • T = Größe des Tumors.
  • N = Befall der Lymphknoten. Das N steht für den lateinischen Begriff "nodus" oder Knoten.
  • M = Metastasen. Auf der Suche nach Metastasen werden durch verschiedene bildgebende Verfahren jene Organe untersucht, in denen sich Metastasen absiedeln können. Dies sind in der Regel Skelett, Leber, Lunge und Gehirn.

3.4.1. T-Stadium

  • T0: kein Tumornachweis
  • Tis: Der Tumor hat die Basalmembran noch nicht durchbrochen, er ist noch nicht in den Milchgang oder die Drüsenläppchen eingedrungen.
  • T1: der Tumor ist kleiner als 2 cm
  • T2: der Tumor hat eine Größe von 2–5 cm
  • T3: der Tumor ist größer als 5 cm
  • T4: Tumor mit Ausdehnung auf benachbarte Organe (z. B. Brustmuskulatur oder Haut), unabhängig von der Größe

3.4.2. N-Stadium

  • Nx: die Lymphknoten lassen sich nicht beurteilen
  • N0: keine "Tochtertumoren", also Metastasen, in den Lymphknoten nachweisbar
  • N1: in den Lymphknoten der Achselhöhle befinden sich Metastasen
  • N2: Metastasen in den Lymphknoten der Achselhöhle, mit Verklebung der Lymphknoten miteinander oder mit dem umgebenden Gewebe
  • N3: infraclavikuläre Lk-Metastasen

3.4.3. M-Stadium

  • Mx: es kann nicht beurteilt werden, ob in anderen Organen Metastasen vorliegen
  • M0: kein Nachweis von Metastasen in anderen Organen
  • M1: in anderen Organen befinden sich Metastasen

Eine Frau, deren Mammakarzinom kleiner als 2 cm ist, ohne Nachweis von Metastasen in Lymphknoten oder anderen Organen wird nach dem TNM-System folgenden Befund bekommen: T1 N0 M0 .

3.5. Grading

Das sog. Grading sagt etwas über die Bösartigkeit des Tumors aus. Dabei werden die Faktoren Tubulusbildung (Strukturveränderung der Zellen), Kernpolymorphie und Mitoserate berücksichtigt. Je höher das Grading, desto maligner ist der Tumor:

  • G1 = gut differenziert,
  • G2 = mäßig differenziert,
  • G3 = schlecht differenziert.

3.6. Rezeptorstatus

Für die Therapie hat auch der Rezeptorstatus Bedeutung. Dieser Rezeptorstatus wird über Immunoassays festgestellt. Der Tumor wird dabei auf das Vorhandensein von Östrogen- und/oder Progesteronrezeptoren untersucht und mit dem immunreaktiven Score (IRS) angegeben. Der IRS ergibt sich aus der Einfärbung der Zellen, multipliziert mit dem Anteil positiver Zellen. Ein weiterer Rezeptor, der bestimmt wird, ist der HER2/neu-Rezeptor. Dabei wird eruiert, ob der Tumor auf eine Herceptin-Therapie ansprechen würde.



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