Empfehlung der SSK und Leitlinien der BÄK
Gonadenschutz in der Pädiatrie
In einer Facbook-Gruppe wurde gefragt: Wo steht, dass man Kinder keinen Ovarial- bzw. Gonadenschutz mehr anlegen soll/darf! Kurz : Es steht nirgend geschrieben, dass man bei Kindern grundsätzlich keinen Gonadenschutz anlegen soll oder darf!
Hierzu mal die Links zu den entsprechenden und umfassenden Ausführungen in den:
Diese beiden Werke sollten u.a. in allen Röntgenabteilungen aushängen und dort für jeden zugänglich sein. – Und man sollte sie kennen und natürlich auch jederzeit reinschauen können!
Im Prinzip gibt für die Röntgendiagnostik keine positive Empfehlung für die Anwendung von Strahlenschutzmitteln - sie sind aber grundsätzlich auch nicht verboten! Allerdings gibt es auch Ausnahmen, die in der Empfehlung besonders begründet und deshalb bei der technischen Durchführung von MTR beachtet werden sollten.
Die Empfehlungen lassen den MTR dabei aber auch erheblich Spielraum zu, darüber bei welchen Untersuchungen, bei welcher Fragestellungen bei welchen Patienten welche Strahlenschutzmittel angewendet werden oder nicht.
So wird gefordert, dass die Dosis der Aufnahmen mit der geringstmöglichen Dosis angefertigt werden soll. Anderseits muss aber auch die Qualität der Aufnahme gut genug sein, damit die Fragestellung des anfordernden Arztes mit der entsprechenden Fachkunde beantwortet werden kann.
Dabei solle vom fachkundig technisch durchführenden Personal geprüft werden, ob Patientenschutzmittel sinnvoll angewendet werden können und falls ja diese auch zu nutzen, vor allem im Bereich der Gonaden. Sie dürfen aber in keinem Falle bei der Untersuchung stören und sie dürfen keinen Einfluss auf die Belichtungsautomatik nehmen. Das ist in vielen Fällen möglich und vor allem bei Kindern Jugendlichen und Schwangeren Personen entsprechend sinnvoll anzuwenden.
Von qualifizierten MTR‘s sollte man davon ausgehen können, dass diesbezüglich entsprechend Kenntnisse in Berücksichtigung der Empfehlungen der SSK und den Leitlinien der BÄK vorliegen und dass fachlich korrekt gearbeitet wird.
Nachstehend sind die für diese Fragestellung einige wesentlichen Abschnitte aus diesen Werken gekürzt wiedergegeben. – Ergänzt durch einige weiteren dosismindernden Vorgehensweisen insbesondere in der Pädiatrie:
1. Aus der Empfehlung der SSK
Kapitel 3 Fachliche Grundlagen
Bei Neugeborenen, Säuglingen, Klein- und Schulkindern kann aufgrund der höheren Strahlensensibilität und wenn keine Gefahr besteht, dass eine Beeinflussung der Belichtungsautomatik oder negative Einflüsse auf die Bildqualität auftreten können, in Abstimmung mit den Sorgeberechtigten zugunsten des Einsatzes von Patienten-Strahlenschutzmitteln von der Empfehlungskategorie (Tab.1) abgewichen werden. Dies gilt unter Berücksichtigung o. g. Punkte vor allem, je unreifer das Kind und/oder je häufiger die Untersuchung durchgeführt werden muss (z. B. Röntgenthorax- und Abdomenaufnahmen bei extrem Frühgeborenen). Individuell können Expert*innen der Kinderradiologie konsultiert werden. Die Häufigkeit der Untersuchungen ist auch bei anderen Patientengruppen zu berücksichtigen.
Kapitel 6 Begründung zur Verwendung von Patienten-Strahlenschutzmitteln
Neben einer korrekten Lagerung und ggf. erforderlichen Immobilisierung ist eine korrekte objekt- und fragestellungsbezogene Einblendung in der Projektionsradiografie die erste und eine der effektivsten Maßnahmen zur Minderung der Strahlendosis.
Dies ist besonders bei Kindern zu beachten, da der prozentuale Feldgrößenzuwachs mit kleinerem Ausgangsformat korreliert, also insbesondere in der neonatalen Radiologie.
Die Einblendung muss auf dem Bild erkennbar sein.
Eine zusätzliche Bleiabdeckung (z. B. Gonadenschutzmittel, Bleigummimatten oder Strahlenschutzkleidung) der an den Rand des Strahlenfeldes angrenzenden Abschnitte des Körperstamms kann bei Kindern und jüngeren Patient*innen sinnvoll sein.
6.5 Zu Röntgenaufnahmen des Beckens oder des Hüftgelenks (allgemein)
Eine Patientenabdeckung der Gonaden im direkten Strahlengang reduziert die Gonadendosis des Mannes (0,8 mSv) um ca. 95%, und die der Frau (0,2 mSv) um über 50%.
Außerhalb des Nutzstrahls beträgt die Gonadendosis weniger als 0,1 mSv, kann jedoch beim Mann mit einem Hodenschutz reduziert werden.
Der Ovarienschutz wird häufig falsch positioniert, was zu Fehl- und Wiederholungsaufnahmen führen kann. Deshalb sollte darauf verzichtet werden.
Ein Hodenschutz kann die bei dieser Untersuchung auftretende geringe bis mittlere Dosis der Hoden beim Mann reduzieren und kann verwendet werden, wenn keine Gründe dagegen sprechen, wie z. B. die Lage der Hoden im Aufnahmebereich oder die Abdeckung relevanter Bildanteile.
Aus den Leitlinien BÄK Qualitätssicherung
Kapitel A Punkt II Aufnahmetechnische Qualitätsanforderungen Abs 3.
Auf den korrekten Einsatz von Strahlenschutzmitteln ist zu achten, insbesondere bei Kindern und Schwangeren (Empfehlung der SK 2022).
Typische Schutzmittel in der Röntgendiagnostik sind Schilddrüsenschutz, Hodenschutz und Ovarialschutz.
Bei Schwangeren kann bei Untersuchungen oberhalb des Zwerchfells eine umschließende Bleiabdeckung des Abdomens erfolgen.
Auf Strahlenschutzmittel, die im Strahlengang der Untersuchungsregion zu liegen kommen, sollte aber i. d. R. bis auf begründete Ausnahmen verzichtet werden.
Bei Kindern, Jugendlichen und Schwangeren ist hinsichtlich der Entscheidung zum Einsatz von Strahlenschutzmitteln das mit einer Strahlenexposition verbundene höhere Risiko zu berücksichtigen.
Der praktische Nutzen von Strahlenschutzmitteln wird international kontrovers diskutiert und in mehreren Ländern nicht mehr oder deutlich eingeschränkt empfohlen.
Die in dieser Leitlinie verwendeten Vorgaben zu Strahlenschutzmitteln orientieren sich an den jeweils aktuellen Empfehlungen der SSK. Diese wurden zuletzt am 22.09.2022 aktualisiert und verwenden jetzt ein dreifarbiges Ampelsystem zum Einsatz von Strahlenschutzmitteln.
- Grün: Die Verwendung wird empfohlen, Abweichungen sind zu begründen.
- Weiß: Sie können eingesetzt werden, wenn keine praktischen Gründe dagegensprechen.
- Rot: Der Einsatz wird nicht empfohlen, außer nach individueller Abwägung.
Es gibt für die Röntgendiagnostik keine positive Empfehlung (Grün) für die Anwendung von Strahlenschutzmitteln.
Unabhängig hiervon kann der Einsatz von Strahlenschutzmitteln auch aus psychologischen Gründen sinnvoll sein, wenn die Untersuchungsqualität durch ihre Anwendung nicht beeinflusst wird und die zu untersuchende Person dies ausdrücklich wünscht, oder die Untersuchung bei Kindern und Jugendlichen, Schwangeren oder Personen mit Strahlenangst ohne Erschwernisse durchzuführen ist.
Kapitel A Punkt III Besondere aufnahmetechnische und ärztliche Qualitätsanforderungen bei Neugeborenen, Säuglingen, Kindern und Jugendlichen
Die Optimierung pädiatrischer Röntgenuntersuchungen setzt detaillierte Kenntnisse der von Lebensalter und Entwicklungsstatus des Kindes abhängigen Anthropometrie, Anatomie und Physiologie voraus, da diese neben einer guten Vorbereitung und Durchführung der Untersuchung zur Erzielung einer optimalen Bildqualität bei minimaler Strahlenexposition der zu untersuchenden Personen sowie zur Erhebung eines aussagefähigen radiologischen Befundes unabdingbar sind.
Darüber hinaus wird die Untersuchungstechnik wesentlich durch die klinische Fragestellung bedingt; so kann beispielsweise eine Beurteilung einer Abdomenaufnahme in Linksseitenlage im horizontalen Strahlengang zur Frage nach freier Luft mit sehr geringerer Dosis und somit minimierter Strahlenexposition erfolgen, während der Nachweis kleiner metaphysärer Frakturen bei Verdacht auf Kindesmisshandlung eine detailreiche Darstellung erfordert. ……
Insbesondere ist zu beachten:
Punk 1:
- Die Fragestellungen in der Pädiatrie sind in vielen Fällen – bedingt durch altersspezifische Krankheitsbilder – andere als bei erwachsenen Personen.
- Durch eine genaue Anpassung der Untersuchungsbedingungen in Planung und Durchführung kann dem ALARA-Prinzip entsprechend die Strahlenexposition der zu untersuchenden Personen erheblich reduziert werden.
- Außerdem bestehen in den einzelnen Altersstufen besondere Untersuchungs- und Abbildungsbedingungen, die bei der Qualitätssicherung berücksichtigt werden sollten.
Punk 2:
- Für eine ausreichende Immobilisation und korrekte Positionierung sowie Projektion ist Sorge zu tragen.
- Bei nicht ausreichend kooperierenden Kindern sollte das Halten durch Begleitpersonen unter Verwendung von Strahlenschutzmitteln erfolgen und nur in Ausnahmefällen und bei besonderen Fragestellungen durch das Pflege- oder Assistenzpersonal.
Punkt 3.
- Allgemein gültige, organspezifische Qualitätskriterien können in diesen Altersgruppen nicht für alle Fälle definiert werden.
- Vielmehr ist für den Einzelfall eine individuelle Überprüfung der Planungs-, Durchführungs- und Bildqualität vor dem Hintergrund der jeweiligen klinischen Fragestellung erforderlich.
Punkt 4.
- Im Katalog diagnostischer Qualitätskriterien, aufnahmetechnischer Hinweise und physikalischer Größen des Bilderzeugungssystems werden die für Neugeborene, Säuglinge und Kinder geltenden Kriterien als pädiatrische Besonderheiten aufgeführt.
- Diese sind bei allen Röntgenuntersuchungen dieser Altersgruppen zu berücksichtigen.
- Sie modifizieren die für die Untersuchung erwachsener Patientinnen und Patienten gültigen Kriterien oder sind zusätzlich zu beachten.
- Die vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erstellten diagnostischen Referenzwerte für radiologische und nuklearmedizinische Untersuchungen bei Kindern und Jugendlichen sind zu berücksichtigen.
- Es ist zu beachten, dass bei allen digitalen Systemen nicht nur Untersuchungsbedingungen und Belichtungsparameter Einfluss auf die Bildqualität haben, sondern in erheblichem Maße auch die Parameter der Bildprozessierung und -nachverarbeitung. So unterscheiden voreingestellte Glättungsfilter/Rauschfilter nicht zwischen Bildrauschen und kleinen Lungenstrukturen eines Neugeborenen oder Säuglings.
Punkt 5
- Belichtungsparameter werden individuell in Abhängigkeit von Alter, Durchmesser, Gewicht des Kindes und entsprechend der Fragestellung angepasst und erfolgen mit freier Belichtung oder Belichtungsautomatik.
- Bei Einsatz einer Belichtungsautomatik sind möglichst kleine und variabel auswählbare Messkammern einzusetzen.
- Kann kein geeignetes Messfeld zur Anwendung angewählt werden, sind angepasste Belichtungstabellen zu verwenden.
- Erfahrungsgemäß kann in einem Alter ab ca. 5 Jahren die Belichtungsautomatik sinnvoll eingesetzt werden.
- Stark röntgendichte Materialien (z. B. Kontrastmittel im Darm oder in der Blase beim Miktionszystourethrogramm (MCU)) sollen nicht in das Messfeld geraten, weil sonst eine verlängerte Belichtungszeit und entsprechend eine höhere Exposition resultiert.
Punkt 6
- Eine Zusatzfilterung von 1 mm Al- und mindestens 0,1 mm Cu-Äquivalent (bis 0,3 mm Cu) soll bei Aufnahmen des Körperstamms von Kindern und Jugendlichen in den Strahlengang eingebracht werden (Anlage I SV-RL).
- Über die Anforderung der SV-RL hinaus sollte wegen des großen Anteils an rotem Knochenmark in den langen Röhrenknochen auch für diese Bereiche eine Zusatzfilterung verwendet werden.
- Die Schaltzeiten sollen aus den Aufzeichnungen nachvollziehbar sein.
- Darüber hinaus muss bei allen röntgendiagnostischen Untersuchungen am Körperstamm, inklusive intraoperativer Durchleuchtung, das Dosisflächenprodukt und möglichst die Einfalldosis bzw. -Dosisleistung aufgezeichnet werden (siehe SV-RL).
Punkt 7
- Bei Kindern sind Streustrahlenraster entsprechend der pädiatrischen Besonderheiten anzuwenden.
- Das Raster soll an Aufnahme- und Durchleuchtungsgeräten, an denen Kinder untersucht werden, auf einfache Weise entfernt werden können.
Punkt 8
- Auf eine exakte Einblendung des Nutzstrahlungsfeldes mit erkennbaren Feldgrenzen und Bleiabdeckung der angrenzenden Körperstammabschnitte und der Gonaden soll besonders geachtet werden.
Punkt 9
- Bei Neugeborenen/Säuglingen kann bei Anwendung gepulster Durchleuchtung mit digitaler Bildspeicherung (LIH, LIR) in den meisten Fällen auf zusätzliche Röntgenaufnahmen verzichtet werden.
- Die Pulsfrequenz ist der Fragestellung entsprechend anzupassen; meist reicht eine Pulsfrequenz von 3 Pulsen/s aus. Aufgrund des Dosisbedarfs von Bildverstärkern und Festkörperdetektoren sollte bei Kindern unter optimaler Einblendung und dem größtmöglichen Format (ohne Zoom) untersucht werden, da andernfalls ein höherer Dosisbedarf resultiert.
Kapitel B Katalog spezifischer ärztlicher und aufnahmetechnischer Qualitätsanforderungen bei Röntgenuntersuchungen
Punkt II Abs II.1 - 4.2.2 Röntgen Becken Pädiatrische Besonderheiten
- Strahlenschutzmittel beim BeckenStrahlenschutzmittel kranial des Feldes, Knaben mit Hodenkapsel, wenn möglich, Mädchen mit Ovarblende nur, wenn Frage nach Hüftdysplasie/- luxation
Weitere fundierte Informationen gibt es unter den nachstehenden Links.
https://www.mta-r.de/.../aktualisierte-empfehlung.../
https://www.mta-r.de/blog/neueleitliniederbak/
https://www.mta-r.de/.../patientenschutz-in-der.../
Empfehlung der SSK "Bildgebende Diagnostik bei Kindern"
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