Wer darf? Wer soll? Wer muss?
Patienten beim Röntgen halten!
Es kommt gar nicht so selten vor: Kleine Kinder, Behinderte oder demente Patienten, die einfach nicht in der Lage sind - trotz diverser Lagerungshilfen - das aufzunehmende Körperteil ruhig zu halten! Was nun?
Da hilft nur eins: Irgendjemand muss den Patient während der Aufnahme halten.
Doch wer muss, bzw. wer darf das? Falls Begleitpersonen anwesend sind, können dieses eventuell einspringen um den Patienten zu halten. Aber auch in diesem Falle müssen Vorschriften beachtet werden. So sind zum Beispiel Begleitpersonen, denen der Zutritt zu Kontrollbereichen gestattet wird, vorher über die möglichen Gefahren und ihre Vermeidung zu unterweisen.
Ansonsten bleibt nur das Personal: Arzt, Pflegepersonal oder MTA-R sind mögliche Kandidaten. Wobei dann oft von Seiten der MTA-R der Einwand kommt: "Wir sollen oder dürfen ja nicht, da wir gewissermaßen doch schon beruflich bedingt strahlenexponierte Personen sind."
Doch ist das wirklich so? Gibt es hierzu eine gesetzliche Regelung? - Antwort vorab: Nein die gibt es außer den Grenzwerten für Strahlenexponierte Personen nicht.
Eine entsprechende Frage wurde vor einiger Zeit im Forum-RoeV.de diskutiert. Herr Prof. Ewen, der das Forum moderiert beantwortete diesen Einwand einer MTRA damals folgendermaßen:
(*) Anm: Die nachfolgenden Zitate von Herrn Prof. Ewen beziehen sich noch auf die RöV. Die angegebenan Quellen sind aber weitestgehend auch in die neue Strahlenschutzgesetzgebung eingegangen. (§5 Abs3 StrlSchG, bzw. §§ 122 und 145 StrSchV)
Zitat Prof. Ewen:"Ja, ich glaube schon, dass das Halten des Patienten oder Teile von ihm, wie in Ihrem Fall der Hand, bei einer Röntgenaufnahme zu dem Aufgabenbereich einer Radiologieassistentin gehört. Dieser wird in der RöV durch den Begriff "Technische Durchführung" (siehe § (*)24 Abs.2 RöV) repräsentiert und im (*)§ 2 Nr. 7 RöV definiert. Schaut man sich diese Definition an, so wird darin unter anderem auch das Lagern des Patienten einbezogen - und dazu gehört im weitesten Sinne auch das Halten, wenn nur dadurch die Röntgenaufnahme erfolgreich gestaltet werden kann. Ob man damit zur berufich strahlenexponierten Person wird, hängt von der Zahl solcher Fälle und auch vom zu haltenden Objekt ab. Beispielsweise wird eine Hand wenig, ein Abdomenbereich mehr Streustrahlung erzeugen."
Hierzu muss man feststellen, dass ein Röntgenraum nur dann Konntrollbereich ist , wenn eine Aufnahme belichtet wird - also beim Auslösen des "Schusses" und in der Regel nur für Bruchteile von Sekunden. In dieser Zeit befindet sich die technisch durchführende Person aber immer am Schaltgerät, das normalerweise außerhalb des Kontrollbereichs steht.
Zurück zu unserem Ausnahmefall, bei dem der Patient gehalten werden muss:
Möglichkeit 1: Eine Begleitperson ist anwesend und zum Halten geeignet:
In diesem Falle muss nach (*)§ 25 Abs. 5 RöV die helfende Person über die möglichen Gefahren der Strahlenexposition vor dem Betreten des Kontrollbereichs unterrichtet werden. Auch hierzu gibt es im Forum-RoeV.de von Prof. Ewen eine ziemlich eindeutige Aussage:
Zitat Prof. Ewen: "Sie finden in (*)§ 25 Abs. 5 RöV nur den lapidaren Satz, dass helfende Personen über die möglichen Gefahren der Strahlenexposition vor dem Betreten des Kontrollbereichs zu unterrichten sind. Ich schließe daraus, dass diese Unterrichtung durch eine entsprechend qualifizierte Person erfolgen muss, wozu eine MTRA auch zu zählen ist. Ich kenne keine Vorlagen dazu, würde aber - möglichst unter Vermeidung des Wortes "Gefahr" - auf die strahlenschutzmäßig günstigste Position der helfenden Person in Relation zu den Strahlenquellen (Röntgenstrahler: Nutzstrahlung, Nutzstrahlenfeld Patient: Streustrahlung) hinweisen, die ungefähr zu erwartende, im µSv-Bereich liegende Dosis angeben und die sehr wirkungsvolle Abschirmung der Schutzkleidung, die ja getragen werden muss, hervorheben. Man sollte also im Rahmen der Unterrichtung eindeutig eine beruhigend klingende Information verbreiten, was dosismäßig ja auch gerechtfertigt ist."
Möglichkeit 2: Es steht keine Begleitperson zur Verfügung - z.B. weil diese schwanger, oder aus sonstigem Grunde dazu nicht fähig ist.
In diesem Falle ist dann die Person gefordert, die mit der technischen Durchführung der Aufnahme betraut ist, also MTA-R oder MFA mit Röntgenschein.
Normalerweise sollte innerhalb einer Praxis oder eines Krankenhauses hierzu immer ein Konsens zu finden sein.
So ist es in gut funktionierenden Betrieben sicher kein Problem Regelungen zu finden, wem die Aufgabe des Haltens im Kontrollbereich zugeordnet wird. Man kann das - zum Beispiel strahlenbiologisch vernünftig - vom Alter des Personals abhängig machen: Es muss ja nicht unbedingt die 20-jährige mit Kinderwunsch sein, die in den Kontrollbereich geht um einen übergewichtigen Patienten zu halten, bei dem die Wirbelsäule geröntgt werden soll, wenn gleichzeitig noch eine 60-jährige Kollegin anwesend ist. Bei Extremitätenaufnahmen darf zur Abwechslung dann die Jüngere dran.
Auf alle Fälle sollte man, wenn man sich im Kontrollbereich aufhält einen Dosimeter unter der Bleischürze tragen. Man sollte auch - wie Herr Prof Ewen in seinem Beitrag betont - stets berücksichtigen, dass die Steustrahlung, die zur Strahlenbelastung der haltenden Person führt, sehr stark und wesentlich von der Dicke des durchstrahlten Objekts abhängt!
Bestimmt kommt jetzt noch der Einwand: Was ist, wenn die/der MTRA alleine ist? Dann kann ich doch nicht gleichzeitig auslösen und halten?
Aber auch hierzu gibt es Lösungsmöglichkeiten: Entweder man hat einen Auslöseknopf an einem längeren Kabel und kann dann beim Halten sebst auslösen, oder man holt sich Hilfe. Zumindest der fachkundige Arzt, der die rechtfertigende Indikation gestellt hat müsste ja erreichbar sein. Den muss man dann auch nicht als helfende Person nach § 25 Abs. 5 RöV über die Gefahren der Strahlenexposition belehren. Ja - und dann sollte sich - abhängig von oben genannter strahlenbiologischer Vernunft - von selbst ergeben, wer den Patienten hält
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