Richtiges verwenden und anlegen von
Hodenkapseln (Update)
Hodenkapseln bei Röntgen und CT reduzieren die Strahlenbelastung der Hoden erheblich. Sie werden mittlerweile gefordert und sie sind Pflicht:
Mit einer richtig angelegten Hodenkapsel kann die Strahlenbelastung der Hoden bei Röntgen- und CT-Untersuchungen um bis zu 95% reduziert werden. Deshalb ist bei allen Röntgen- und CT-Untersuchungen in Nähe der Hoden dieser Hoden umschließende Strahlenschutz anzulegen.
Siehe auch: Leitlinie zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik.
Dort steht unter anderem bei den Aufnahmetechnischen Qualitätsanforderungen:
- Bei männlichen Patienten müssen bei allen Röntgenuntersuchungen des Abdomens, des Harntrakts, des Magen-Darm-Traktes sowie des Beckens und der Lendenwirbelsäule grundsätzlich umschließende Hodenkapseln angewandt werden.
- Bei entfernteren Strahlenfeldern (z. B. bei Thoraxuntersuchungen) genügt eine Gonaden- oder Patientenschutzschürze.
- Bei weiblichen Personen ist die Anwendung eines Ovarienschutzes als direkte Abdeckung oder als indirekter Ovarienschutz durch Einschieben einer Bleiplatte in die Tiefenblende grundsätzlich zu fordern, soweit hierdurch der Informationsgehalt der Untersuchung nicht wesentlich eingeschränkt wird oder die Wahrscheinlichkeit von Wiederholungsaufnahmen nicht deutlich erhöht wird.
- Bei Mädchen und Frauen soll bei Aufnahmen des Thoraxbereiches wegen des strahlungssensiblen Mammagewebes der dorsoventrale Strahlengang gewählt werden.
So heißt es zum Beispiel in den aufnahmetechnischen Qualitätsanforderungen für die Beckenaufnahme in Bezug auf den Strahlenschutz des Patienten:
- bei Männern: Hodenkapsel,
- bei Frauen in gebärfähigem Alter und abhängig von der Fragestellung: Direkten Ovarienschutz oder indirekten Ovarienschutz durch Bleieinschub in Tiefenblende.
Ausnahme: Polytraumatisierten Patienten und wenn die Bildgebung durch den Gonadenschutz gestört wird, oder wenn relevante Bereiche dadurch verdeckt werden . Das ist aber eher selten der Fall - und das Weglassen des Schutzes bedarf einer besonderen Begründung. Diese muss dann dann auch dokumentiert werden! Denn beim Mann wird eine korrekt angebrachte Hodenkapsel zumindest keine Knochen überlagern.
Dennoch wird immer wieder und immer noch, aus welch fadenscheinigen Gründen auch immer, diese beim Mann effektivste Strahlenschutzmaßnahme vernachlässigt oder ignoriert.
MTA-r.de hat mehrfach darauf hingewiesen, dass ein wiederholtes unbegründetes Weglassen oder falsches Anlegen von Gonadenschutz zur Entziehung der Fachkunde führen kann.
Abdeckungen, die die Hoden nicht umschließen sind in der Regel sinn- und wirkungslos. Sie täuschen dem Patienten letztendlich nur einen Strahlenschutz vor, den er gar nicht hat! Solche Abdeckungen können im besten Falle im Strahlungsfeld liegende Bereiche vor der Primärstrahlung schützen - schützen aber nicht vor der Streustrahlung, die zum allergrößten Teil im durchstrahlten Körper selbst entsteht.
Wegen dieser Streustrahlung ist beim Patientenschutz, neben dem richtigen und sinnvollen Anlegen des Gonadenschutzes, natürlich auch die korrekte Einblendung des Strahlungsfeldes von entscheidender Bedeutung. Ein kleineres Bestrahlungsfeld hat zudem noch den positiven Effekt, dass weniger Streustrahlung entsteht und neben der dadurch resultierenden niedrigeren Strahlenbelastung die Bilder auch noch wesentlich besser und kontrastreicher werden.
Gerade bei Kindern und jungen Erwachsenen sind solche Schutzmaßnahmen wichtig und konsequent einzuhalten. Das gilt ganz besonders für alle Anwendungen von ionisierenden Strahlen im Bereich des Beckens und der angrenzenden Körperteile, z.B: Abdomen, LWS, Hüfte, AUG, Colon und selbstverständlich auch für die Computertomographie im Abdomen und Beckenbereich, soweit die Kapsel nicht im Scanbereich liegt.
Die Gesamtverantwortung für eine Röntgenanwendung hat auf alle Fälle der fachkundige Arzt.
Definition: Röntgenanwendung = Stellung der rechtfertigenden Indikation + technische Durchführung + Befundung
Für das Anlegen und den richtigen Sitz des Gonadenschutz ist aber die Person verantwortlich, die die Fachkunde zur technischen Durchführung der Aufnahme hat. Das ist in der Regel die oder der MTA-R. MTA-R haben mit der Ausbildung die Fachkunde zur technischen Durchführung von Röntgenanwendungen erworben und führen diese eigenverantwortlich durch.
Wird die technische Durchfühung durch den fachkundigen Arzt auf eine MFA delegiert, die keine Fachkunde zur technischen Durchführung hat und diese auch nicht erwerben kann, trägt der fachkundige Arzt selbst die Verantwortung für die Richtigkeit der technischen Durchführung - wozu auch das Anlegen der entsprechenden Patientenstrahlenschutzmittels gehört. Die MFA muss hierzu aber unbedingt die vorgeschriebenen Kenntnisse im Strahlenschutz besitzen. Gemäß § 145 Abs 2 Punkt 5 der neuen StrlSchV [vom 31.12.2018] . Ohne Nachweis dieser Kenntnisse (auch Röntgenschein genannt) darf MFA in keinem Falle Röntgenaufnahmen technisch durchführen. Tut sie es doch, was mindestens einer Ordnungswidrigkeit entspricht, riskiert sowohl der Strahlenschutzverantwortliche als auch die MFA ein beträchtliches Bußgeld. Unter Umständen könnte in solch einem Falle sogar der Tatbestand einer fahrlässigen Körperverletzung gegeben sein.
Eine Altersgrenze für das Anlegen einer Hodenkapsel wird in der RöV übrigens nicht genannt. Siehe hierzu aber auch unseren Blogbeitrag zum Thema: Gibt es eine Altersgrenze für die Hodenkapsel
Zur Frage ob eine Hodenkapsel, bzw ein Ovarialschutz auch Sinn und Zweck hat, wenn der Patient oder die Patientin sterilisiert ist? Eigentlich nicht! Denn durch Nutzung von Ovarabdeckungen und Hodenkapseln will man ja die Risiken für genetische Schädigungen reduzieren - und Schädigungen dieser Art kommen ja nur zum Tragen, wenn die exponierte Person Nachwuchs zeugt bzw. zeugen kann. Siehe auch im Forum-roev.de (Antwort von Prof. Ewen zur Frage Nr. 1707)
Nachstehend eine Bilddukumentation mit kurzer Erklärung zum richtigen Anlegen einer MAVIG-Hodenkapsel (Die MAVIG-Hodenkapsel war der Testsieger beim mta-r.de Hodenkapseltest).
Hodenkapseln bei Säuglingen und Kleinkindern
Leider ist es - wie uns die Fa. MAVIG mittteilte - momentan technisch nicht machbar für Säuglinge und Kleinkinder kleinere als die beiden dort angebotenen Etui-Hodenkapseln herzustellen, die den geforderte Bleigleichwert von Pb-Wert: 1,0 mm einhalten können!
Unsere Empfehlung: Bei Kleinkindern und Säuglingen die zusammenfaltbaren Hodenkapseln mit Druckknopf- oder Klettverschluss benutzen. Das ist zwar etwas Gefummel, aber – wie eine Userin in unserm Forum so schön schreibt: “Wer mit kleinsten Kindern zu tun hat, bastelt eben gerne in Heimarbeit?!???? ” Kreativität ist gefragt!
Bei Jugendlichen und Erwachsenen empfehlen wir die Etui-Kapseln der Fa. MAVIG, die in zwei verschiedenen Größen erhältlich sind.
Im Downloadbereich von mta-r.de gibt es übrigens ein Script der Fa. Medical Solutions – Strahlenschutzschulungen und Röntgenfachhandel über das richtige Anlegen der Hodenkapsel als pdf-file zum freien Herunterladen.
MTA-R.de bedankt sich nochmals bei der Fa. Lonsing medical solutions aus Sinsheim für die freundliche Überlassung des Scripts und des Bildmaterials!
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Kommentare
Ich hatte auch eine Untersuchung mit einer schlecht sitzenden Bleiplatte. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit das mein Erbgut geschädigt wurde? Gibt es nachträgliche Maßnahmen? Sollte ich eine Untersuchung meiner Spermien veranlassen?
Was sollte geschehen, wenn die Röntgen-Abteilung keine Kapseln, sondern eine schlecht-sitzende Platte verwendet hat und auf dem Röntgen-Bild sogar die Hoden zu erkennen sind? Wenn unmittelbare Kinderplanung ansteht, sollte dann sicherheitshalber für Wochen / Tage/Monate gewartet werden?
Danke für diesen informativen und aufschlussreichen Artikel.Ich hoffe nur, dass viele diesen Beitrag lesen und beherzigen werden.
Im Uniklinikum Leipzig wurden zwei Aufnahmen der LWS gemacht. Mir wurde keine Schürze angeboten und auf Nachfrage mitgeteilt, dass man heutzutage keinen Schutz mehr benötige, da die Geräte modern seien. Das machte mich stutzig, zumal dort Schürzen an der Wand hingen.
Hatte eine CT mit Kontrastmittel des Abdomen. Trotz Nachfrage meiner Seits, ob ein Hodenschutz anzulegen ist, würde vom Personal es verneint mit den Worten:es sei ein hochmoderne Gerät und sei deshalb nicht nötig. Da ich so lange schon auf diese CT gewartet hatte und vom Personal es so wie erwähnt erklärt wurde, war ich so dumm und habe diese CT durch führen lassen.
Jetzt meine Frage, was habe ich an Schädigung zu erwarten. Es sind 1780 Einzelbilder gemacht worden, wobei Hoden, Penis, After sowie Oberschenkel einfach mit Geröngt worden sind. Unzählige Einzelbilder aus diesen Bereich sind vorhanden.
Bitte um Rat, da ich echte Ängste seitdem durch lebe.
Mfg Jürgen Schoepp
Das Anlegen von Schürzen, Hodenkapseln, etc. zum Patientenschutz sollte natürlich auch bei CT-Untersuchungen geschehen, immer vorausgesetzt, diese Schutzmittel überdecken keine bildwichtigen Regionen oder führen zu keinen bildstörenden Artefakten. Eine Computertomographie erzeugt eine im Vergleich zu röntgendiagnostischen Standardverfahren höhere Dosis, aber auch eine dieser Dosis entsprechend größere Zahl an befundungswichtigen Informationen. Diese Dosis sollte Ihnen aber bezüglich des Krebsrisikos und einer möglichen Zeugungsunfähigkeit keine schlaflosen Nächte verursachen. Wir wünschen Ihnen, dass die Ergebnisse der CT-Untersuchung dazu beitragen werden bzw. beigetragen haben, Sie von den Unfallfolgen wieder zu befreien. Quelle: https://www.forum-strahlenschutzrecht.de/apps/forum/frage/Strahlenschutz-1/