Geschichte der Radiologie
Thorotrast - das erste i.v. Kontrastmittel
Thorotrast und Umbrathor sind die Handelsnamen für ein 1929 in den Markt eingeführtes Röntgenkontrastmittel, auf der Basis einer stabilisierten kolloidalen 25%igen Suspension von Thoriumdioxid.
Es wurde bis zu seinem Verbot Mitte der 1950er Jahre vor allem als Kontrastmittel für die Angiographie verwendet.
Die hohe Ordnungszahl und die hohe Atommasse von Thorium bewirken eine starke Absorption von Röntgenstrahlen durch dieses Kontrastmittel. Bei ersten Anwendungen konnten vor der Markteinführung keine unmittelbaren Nebenwirkungen bei Patienten festgestellt werden. Man wusste zwar, dass das Thorium radioaktiv ist, aber das sehr langlebige Isotop 232Th – natürliches Thorium besteht zu 100 % aus diesem Isotop mit einer Halbwertszeit von 14,05 Milliarden Jahren – wurde als harmlos eingestuft. Ein fataler Irrtum, wie sich viele Jahre später herausstellen sollte.
Das kolloidale Thoriumdioxid reichert sich im retikulohistiozytären System an und kann dort aufgrund örtlich erhöhter Strahlenbelastung zu Krebs führen. Es bestehen klare Assoziationen zwischen Thorotrast und dem Gallengangs-Karzinom, außerdem kann ein Angiosarkom der Leber, ein sonst sehr seltener bösartiger Tumor, durch Thorotrast induziert sein. Siehe auch unseren Artikel hierzu:
Karzinome der Nasennebenhöhlen nach der Verabreichung von Thorotrast sind ebenfalls beschrieben. Typischerweise treten die Erkrankungen 30-35 Jahre nach der Exposition auf. Die biologische Halbwertszeit – die Zeit, bis 50% des verabreichten Thoriumdioxids aus dem Körper ausgeschieden sind – beträgt ca. 400 Jahre.
Meist wurde das Kontrastmittel in Mengen von ca. 20 ml unverdünnt intravenös oder intraarteriell injiziert.
Der dänische Regisseur und Chirurg Nils Malmros hat im Jahr 2002 unter dem deutschen Titel „In Kenntnis der Wahrheit“ (orig. At kende sandheden) (en: Facing the Truth) einen biographischen Film über seinen Vater Richard Malmros gedreht. In dem preisgekrönten Film wird das Dilemma von Malmros' Vater verdeutlicht, entweder das als Kontrastmittel für die Diagnostik hervorragend geeignete Thorotrast – mit den ihm bekannten langfristigen Nebenwirkungen zu verwenden – oder die einzige damals verfügbare Alternative (Per-Abrodil = Diethanolamin-3,5-diiodpyridon-(4)-essigsäure), welches erhebliche unmittelbare Nebenwirkungen zeigte, einen deutlich schlechteren Bildkontrast lieferte und zudem im 2. Weltkrieg schwer zu besorgen war.
An Stelle von Thorotrast werden heute Bariumsulfat in der Magen- und Darmdiagnostik sowie deutlich verbesserte aromatische Iodderivate als intravenöse oder intraarterielle Röntgenkontrastmittel verwendet.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Thorotrast
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Ich habe beinahe 10 Jahre in der nuklearmedizinischen Forschung in der IAEA gearbeitet.(1973) Thorothrast war ein Forschungsprojekt unserer Abteilung