Wissen und Recht

Die zehn Grundsätze des Strahlenschutzes

Karl-Heinz Szeifert 26 Sep, 2018 00:00

Unter Strahlenschutz versteht man den Schutz von Mensch und Umwelt vor den schädigenden Wirkungen ionisierender und nicht ionisierender Strahlung (aus natürlichen und künstlichen Strahlenquellen).

Der Strahlenschutz ist insbesondere wichtig für das Personal kerntechnischer Anlagen wie zum Beispiel Kernkraftwerke und im Bereich der Medizin, insbesondere in der Radiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie.

Die Geschichte des Strahlenschutzes beginnt mit der Erkennung der schädigenden Wirkung von ionisierender und nicht ionisierender Strahlung und der darauf gerichteten Präventivmaßnahmen. Die Gefahren von Radioaktivität und Strahlung wurden lange Zeit nicht erkannt. Etwa seit den 1920er Jahren ist das Bewusstsein über die Gefahren sukzessive gewachsen, bis es zum Erlass entsprechender Strahlenschutzbestimmungen kam.

Der EURATOM-Vertrag regelt den Umgang mit radioaktiven Stoffen und ist internationale Grundlage für alle nationalen gesetzlichen Regelungen. Auf seiner Grundlage erarbeitet die Europäische Kommission strahlenschutzspezifische Richtlinien, die nach Anhörung durch das Europäische Parlament und Festlegung durch den Ministerrat für alle Mitgliedsstaaten bindend sind und in nationales Recht umgesetzt werden müssen. In diese Richtlinien gehen vor allem die Empfehlungen und Erkenntnisse internationaler Organisationen ein.


Gesetzliche Grundlagen in Deutschland

Das Atomgesetz (AtG) bildete bisher in Deutschland die nationale rechtliche Grundlage für den Umgang mit radioaktiven Stoffen (insbesondere Kernbrennstoffe). Auf ihm bauen die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) und die Röntgenverordnung (RöV) auf.

Die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) regelt in Deutschland die Grundsätze und Anforderungen für Vorsorge- und Schutzmaßnahmen bei der Anwendung und Nutzung radioaktiver Stoffe, die Strahlenbelastung zivilisatorischen und natürlichen Ursprungs und den Betrieb von Beschleunigern. Darunter fällt auch die medizinische Anwendung radioaktiver Stoffe (Nuklearmedizin, Brachytherapie) sowie die Strahlentherapie.

Die Röntgenverordnung (RöV) regelt in Deutschland den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen beim Einsatz von Röntgeneinrichtungen und Störstrahlern, in denen Röntgenstrahlung mit einer Grenzenergie zwischen fünf Kiloelektronvolt und einem Megaelektronvolt durch beschleunigte Elektronen erzeugt werden kann. Dies sind im Allgemeinen Röntgengeräte für die medizinische Diagnostik.

Das Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) bildet in Deutschland mit Inkrafttreten überwiegend zum 1. Oktober 2017 und schließlich zum 31. Dezember 2018 die eigenständige, umfassende nationale gesetzliche Grundlage für den Strahlenschutz bei ionisierender Strahlung. Es enthält zahlreiche Verordnungsermächtigungen, die zu einem großen Teil noch umgesetzt werden müssen.

Im Zuge dieser Umsetzungen wird das StrlSchG auch gesetzliche Grundlage von Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) und Röntgenverordnung (RöV) werden (anstelle des AtG).

Bereits seit dem 1. Oktober 2017 ist das StrlSchG die Rechtsgrundlage für das Notfallmanagement im Strahlenschutz. Insbesondere ist es Grundlage für die Einrichtung eines Radiologischen Lagezentrums des Bundes, legt die Zuständigkeiten der Bundes- und Landesbehörden und Fachstellen bei Notfallexpositionssituationen fest, bestimmt Referenz-, Dosis-, und Kontaminationswerte, schreibt Notfallpläne für Bund und Bundesländer sowie Notfallübungen vor. Das StrlSchG ist Grundlage für die Überwachung der Strahlenexposition der Menschen und der radioaktiven Kontamination der Umwelt und regelt die Entstehung eines entsprechenden Lagebilds. Die Aufgaben des Bundes erstrecken sich hauptsächlich auf die Überwachung der Radioaktivität in der Luft, in Niederschlägen, auf der Bodenoberfläche, in Bundeswasserstraßen sowie in der Nord- und Ostsee. Die Länder überwachen insbesondere Lebensmittel, Arzneimittel, Futtermittel, Trinkwasser, Grundwasser, Abwässer, Abfälle, Boden und Pflanzen.


Gesetzliche Grundlagen in Österreich

In Österreich gilt seit 2015 ein novelliertes Strahlenschutzgesetz (StrSchG).

Die Hauptbestandteile des Gesetzes sind: Grundlegende Schutzbestimmungen, Bewilligungserfordernisse und Meldepflichten, Radioaktive Abfälle, Schutz vor natürlichen Strahlenquellen, Schutz- und Sicherungsmaßnahmen bei radiologischen Notstands-Situationen, Zentrale Strahlenschutzregister (Dosisregister und Strahlenquellenregister), Behördliche Überwachung der Umwelt auf radioaktive Kontaminationen.

Auf dem StrSchG basieren die

  • Allgemeine Strahlenschutzverordnung (BGBl II Nr. 191/2006),
  • Medizinische Strahlenschutzverordnung (BGBl. II Nr. 409/2004),
  • Verordnung über Maßnahmen zum Schutz des fliegenden Personals vor kosmischer Strahlung (BGBl. II Nr. 235/2006),
  • Verordnung über Maßnahmen zum Schutz von Personen vor erhöhter Exposition durch terrestrische natürliche Strahlenquellen (BGBl II Nr. 2/2008) und die
  • Verordnung über Interventionen bei radiologischen Notstandssituationen und bei dauerhaften Strahlenexpositionen (BGBl II Nr. 145/2007).

Keine Gültigkeit hat die Strahlenschutzverordnung dort, wo spezielle Vorschriften den Transport radioaktiver Stoffe regeln.


Gesetzliche Grundlagen in der Schweiz

In der Schweiz ist der Schutz vor ionisierender Strahlung ein Auftrag mit Verfassungsrang. Umgesetzt wurde dieser Auftrag in einem Strahlenschutzgesetz mit dazugehöriger Verordnung. Der Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (z. B. Mobilfunk) ist einer speziellen Gesetzgebung ohne Verfassungsrang vorbehalten, nämlich dem Umweltschutzgesetz und der darauf fußenden Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung.


Die zehn Grundsätze des Strahlenschutzes:

Um die Ziele des Strahlenschutzes zu erreichen, hat die IAEA International Atomic Energy Agency zehn Fundamental Safety Principles zusammengefasst und 2006 vorgestellt. Dieses Dokument wurde von der EURATOM mit der Richtlinie 2009/71/Euratom für sämtliche EU-Staaten als verbindlich eingestuft.

  • 1. Verantwortlichkeit für den Strahlenschutz

    Die alleinige Verantwortung für den Schutz vor ionisierender Strahlung trägt die Person oder Organisation verantwortlich für Anlagen und Aktivitäten welche Strahlungsrisiken entstehen lassen.

  • 2. Aufsichtspflicht der Regierung

    Ein effektiver legaler und behördlicher Rahmen für Strahlenschutz und Sicherheit, inklusive einer unabhängigen und kompetenten Aufsichtsbehörde, muss von der Regierung erschaffen und aufrechterhalten werden.

  • 3. Leitung und Management der Sicherheit

    Eine effektive Führung und ein qualitätsgesichertes Management der Sicherung vor Strahlungsrisiken muss von Organisationen verfolgt werden welche betroffen sind von Strahlungsrisiken, oder Anlagen und Aktivitäten betreiben welche Strahlungsrisiken entstehen lassen.

  • 4. Notwendigkeit und Rechtfertigung

    Es dürfen keine Strahlungsrisiken ohne einen daraus resultierenden überwiegend positiven Nutzen entstehen.

  • 5. Optimierung des Strahlenschutzes

    Alle Strahlenexpositionen oder Strahlungsrisiken müssen so niedrig wie vernünftigerweise möglich gehalten werden. (ALARA-Prinzip).

  • 6. Limitierung und Überwachung individueller Dosisgrenzwerte

    Die Strahlendosis von Einzelpersonen soll die für die jeweiligen Bedingungen festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten. Dies ist der praktische Bereich des Strahlenschutzes.

  • 7. Schutz der heutigen und zukünftigen Generationen

    Der Strahlenschutz erstreckt sich über die heutige und zukünftigen Generationen und der heutigen und zukünftigen Umwelt.

  • 8. Prävention von Unfällen

    Ein nuklearer oder radiologischer Unfall muss mit allen sinnvollen Mitteln verhindert oder/und die Auswirkungen eines solchen reduziert werden. Dieser Grundsatz betrifft hauptsächlich die Sicherheit von kerntechnischen Anlagen, trifft aber auch auf medizinisch radiologische Quellen zu.

  • 9. Vorbereitung und Durchführung von Notfallmaßnahmen

    Vorbereitungen müssen getätigt werden um Notfallschutzmaßnahmen auszulösen und durchführen zu können.

  • 10. Schutz vor bestehenden oder unregulierten Strahlungsrisiken

    Der Schutz, oder Aktionen zur Minderung, vor bestehenden oder unregulierten (natürlichen) Strahlungsrisiken muss verantwortbar sein und optimiert werden.


Quelle: Die obige Beschreibung stammt aus dem Wikipedia-Artikel “Strahlenschutz“, lizenziert gemäß CC-BY-SA. Eine vollständige Liste der Autoren befindet sich hier

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