Stichwortsonntag

Die palliative Strahlentherapie

adrianadamiok 11 Mar, 2012 10:00

Die palliative Strahlentherapie nimmt in der täglichen Praxis des Radioonkologen einen breiten Raum ein und hat zur Beseitigung umschriebener, symptombezogener Beschwerden im Rahmen aller onkologischen Therapieoptionen einen hohen Stellenwert.

Darüber hinaus ist die Strahlentherapie ein vergleichsweise "kostengünstiges" Therapieverfahren.
Ziel der Strahlenbehandlung eines inkurablen Tumorpatienten muß es sein, dessen Lebensqualität für die ihm noch verbleibende Zeit zu verbessern oder zumindest zu erhalten. Eine dabei erzielbare mögliche Lebensverlängerung ist nicht primäres Ziel der palliativen Strahlenbehandlung.

Die palliative Strahlentherapie muss immer in das Gesamttherapiekonzept eingebunden sein, kann aber sehr häufig aufgrund ihrer lokalen Effektivität über lange Zeit alternativ zu systemischen medikamentösen Konzepten eingesetzt werden.

So können Skelettmetastasen von Mammakarzinomen, Lungenkarzinomen, malignen Melanomen, Nierenzellkarzinomen und Prostatakarzinomen zur Schmerzbekämpfung (Analgesie) und zur Stabilisierung (Reossifikation) wirkungsvoll mit Dosen von 30-44 Gy bestrahlt werden. In ca. 70-80 % der Fälle lässt sich ein Ansprechen objektivieren und wird eine Besserung der Symptomatik vom Patienten selbst angegeben, die Schmerzen bilden sich vollständig oder deutlich zurück. Eine Stabilisierung frakturgefährdeter Knochen lässt sich, je nach Tumorart und verbleibender Überlebenszeit, in ca. 40-65% der Patienten objektivieren. Ähnliches gilt für die ossären Manifestationen des Plasmozytoms (Neoplasien der Plasmazellen, meist jener des Knochenmarks).

Insgesamt kann auf diese Weise bei sehr vielen Patienten für nicht unerhebliche Zeiträume die häufig mit unangenehmen Nebenwirkungen behaftete Medikamenteneinnahme reduziert oder erspart werden.

Hirnmetastasen treten häufig bei Patienten mit Mammakarzinomen oder Lungenkarzinomen auf. Eine Ganzhirnbestrahlung mit 30-40 Gy bringt häufig eine rasche Linderung der durch das begleitende Ödem und die Raumforderung selbst verursachten Kopfschmerzen und neurologischen Ausfälle.

Bei singulären Hirnmetastasen (bis zu 3,5 cm Durchmesser) oder bis zu drei Metastasen (größte Metastase mit nicht mehr als 2,5 cm Durchmesser), insbesondere bei den Hirnmetastasen primär weniger strahlensensibler Tumoren (maligne Melanome, Nierenzellkarzinome) ist die stereotaktische einzeitige Konvergenzbestrahlung (Radiochirurgie) in den letzten Jahren zu einer wichtigen neuen radioonkologischen Therapiemaßnahme in einigen großen Zentren geworden, die künftighin auch als Alternative zum offenen neurochirurgischen Eingriff angesehen wird. Klinische Studien belegen das äquivalente Überleben nach beiden Therapien.

Bei einer akut eingetretenen Querschnittslähmung aufgrund einer Rückenmarkskompression durch einen Tumor oder eine Tumorabsiedlung im Spinalkanal oder paravertebral kann, wenn ein primär neurochirurgisches Vorgehen nicht möglich oder sinnvoll ist, eine frühzeitig (in den ersten sechs bis 12 Stunden nach Auftreten der ersten neurologischen Symptome) durchgeführte Strahlentherapie des betroffenen Wirbelsäulenabschnittes häufig die Symptomatik rasch beseitigen und eine bleibende Querschnittslähmung verhindern. Auf jeden Fall sollte nach operativer Stabilisation eine postoperative Strahlenbehandlung durchgeführt werden, da eine radikale Sanierung chirurgisch häufig nicht möglich ist und durch die Strahlenbehandlung das symptomfreie Intervall eindeutig verlängert werden kann.

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