Von der Planung bis zur Dokumentation

Prüfung von Strahlenschutzkleidung mittels CT

radiologie|technologie radiologie|technologie 3/2017

Röntgenschutzkleidung schützt MTRA vor Strahlenexposition. Sie muss daher regelmäßig auf Mängel geprüft werden. Wie eine solche Prüfung gemäß der DIN-Normen durchzuführen ist, wird im Folgenden beschrieben.

Alex Riemer

Ein Beitrag von Alex Riemer, Dozent für Computertomographie und Bildnachverarbeitung, Mönchengladbach


Für die Kennzeichnung und Prüfung von Strahlenschutzkleidung beruflich strahlenexponierter Personen gibt es zwei wichtige Normen.

  • Die DIN 6857–1 regelt das Herstellen und In-Verkehr bringen von Schutzkleidung
  • Die DIN 6857-2 regelt die Prüfung von in Gebrauch befindlicher Schutzkleidung.

Kennzeichnung der Röntgenschutzkleidung

Die DIN 6857–1 stellt sicher, dass die Schutzwirkung der Röntgenschutzkleidung auch definitiv gewährleistet ist. Sie berücksichtigt das neue Messverfahren des internationalen Standards IEC 61331–1/2/3, das auch die Eigenstrahlung der Schürze berücksichtigt. Röntgenschutzkleidung, die nicht der DIN 6857–1 aus 2009 oder der neuen IEC 61331–1/2/3 entspricht, kann die Strahlenexposition erhöhen, da sie eigenständig sehr weicheFluoreszenzstrahlung erzeugt.

Sie wird gewissermaßen selbst zum Röntgenstrahler. Daher sollte jeder, der Röntgenschutzkleidung trägt im eigenen Interesse darauf achten, nach welchem Standard die Röntgenschutzkleidung zugelassen wurde. Dies kann dem Herstellerlabel entnommen werden (Abb. 1). Schutzkleidung, die nicht entsprechend gekennzeichnet ist, kann nicht als konform betrachtet werden. Sie sollte in diesem Fall nicht verwendet werden. Im Zweifelsfall kann jederzeit beim Hersteller der Schutzkleidung nachgefragt und/oder ein Prüfzertifikat angefordert werden.

Richtige Schutzkleidung wählen

Die Röntgenschutzkleidung muss in dem Energiebereich schützen, der beim Tragen der Schutzkleidung angewendet wird. Deshalb sollte auf die Röntgenröhrenspannung geachtet werden, bei der die Absorptionswerte geprüft wurden (50 bis 120 kV gemäß DIN 6857–1 bzw. 50 kV bis 110 kV gemäß IEC 61331–1:2014–05). Während in der Durchleuchtung und der Angiographie bis maximal 110 kV verwendet werden, werden bei der Computertomographie routinemäßig 120 bis 130 kV und bei manchen Fragestellungen sogar bis zu 140 kV eingesetzt. Speziell für die Computertomographie (z.B. bei Interventionen) sollten daher Hochenergieschürzen verwendet werden, die bis 150 kV zugelassen sind. Als ich im Zuge der Recherchen für diesen Artikel diese Informationen gelesen hatte, war ich überrascht und fasziniert gleichzeitig. Ich selber hatte zuvor nie auf das Label der Schürzen geachtet und bin davon ausgegangen, dass mich jede Schürze optimal vor Strahlenexposition schützt. Jetzt schaue ich mir die Schürzen immer genau an, bevor ich sie trage.

Prüfverfahren der Röntgenschutzkleidung

Seit August 2016 regelt erstmalig eine DIN-Norm die regelmäßige Qualitätsprüfung von Röntgenschutzkleidung. In dieser DIN 6857-2 werden Prüfverfahren, Kennmerkmale und Prüffristen für die Röntgenschutzkleidung beschrieben, die von beruflich strahlenexponierten Personen während der Anwendung von Röntgenstrahlung (bis 150 kV) in der medizinischen Radiologie getragen werden. Diese Norm gilt jedoch nicht für Strahlenschutzhandschuhe, Strahlenschutzbrillen und Visiere. Folgende Prüfungen und Prüfintervalle werden in der DIN 6857-2 beschrieben:

Sicht- und Funktionsprüfung

  • Arbeitstäglich vor jeder Verwendung der Strahlenschutzkleidung durchführen
  • Auf Risse, Löcher, defekte Nähte und Defekte des innenanliegenden Schutzmaterials achten
  • Schließelemente auf ihre Funktionsfähigkeit prüfen
  • Erkennbare Schäden kennzeichnen; bei Verdacht auf Beeinträchtigung der Schutzwirkung weitere Prüfungen (Tastprüfung bzw. Prüfung mittels Röntgenstrahlung) umgehend durchführen; bei sichtbaren Mängeln die Schutzkleidung nicht mehr verwenden.
  • Bei Defekten an der Außenhülle, an Nähten oder an Schließelementen, die die Schutzwirkung oder Funktion nicht beeinträchtigen, sind keine Maßnahmen erforderlich.

Tastprüfung

  • Schutzkleidung sollte für die Tastprüfung hängen oder liegen
  • Die Prüfung mit Röntgenstrahlen ist der reinen Tastprüfung vorzuziehen
  • Tastprüfungen sollten mindestens einmal jährlich durchgeführt werden, je nach Alter der Schürze auch in kürzeren Abständen. Tastbare Schäden der Schutzschicht sind Brüche, Knicke, Risse, Löcher oder eine abgerissene Schutzschicht

Prüfung mittels Röntgenstrahlung

  • Bei neuer Schutzkleidung spätestens nach Ablauf des 3. Jahres der Verwendung durchführen
  • Werden bei der Voruntersuchung (1. Prüfung) mit Röntgenstrahlung keine Defekte erkannt, ist eine erneute Prüfung spätestens nach Ablauf des 2. Jahres der Verwendung nach der 1. Prüfung erforderlich
  • Werden bei der Prüfung mit Röntgenstrahlung Defekte, aber keine Mängel erkannt, so ist der Zeitraum für eine erneute Prüfung mit Röntgenstrahlung auf zwölf Monate zu verkürzen
  • Bei Verdacht auf Beschädigung der Schutzkleidung, welche die Schutzwirkung beeinträchtigt (basierend auf den Sicht- und Tastprüfungen)

Die Prüfung von Strahlenschutzkleidung mittels Computertomographie ist sehr effizient und mit jedem CT-Scanner durchführbar. Im Vergleich zur Prüfung unter Durchleuchtung hat die CT-Prüfung den Vorteil, dass sie sehr schnell durchzuführen ist und sich die prüfende Person selbst keiner Strahlung aussetzen muss.

Unterscheidung zwischen Defekt und Mangel

In der DIN 6857-2 wird zwischen einem Defekt und einem Mangel unterschieden.

  • Defekt ist jede Läsion an einer Schutzkleidung einschließlich ihre Nähte und Schließelemente, unabhängig davon, ob damit ihre Schutzwirkung oder Funktionalität beeinträchtigt ist.
  • Mangel ist ein Defekt, der nach Entscheidung durch den Strahlenschutzbeauftragten zu einer relevanten Minderung der Schutzwirkung oder Funktionalität führt oder führen kann.

Vorgehensweise bei der CT-Prüfung

Folgende Vorgehensweise für die CT-Prüfung hat sich bewährt:

Strahlenschutzkleidung eindeutig beschriften und im RIS als Patient anlegen

Es ist ratsam, die Strahlenschutzkleidung eindeutig zu kennzeichnen (z.B. mit Permanent-Marker beschriften) und als Patient im RIS anzulegen. Dies fordert zwar im ersten Schritt einen gewissen Zeitaufwand, der sich jedoch sehr bald als zeitsparend erweisen wird. Insbesondere wenn die zu prüfenden Strahlenschutzkleidungen aus unterschiedlichen Abteilungen kommen, ist eine eindeutige Namensgebung sehr sinnvoll. Eine eindeutige Namensgebung kann z.B. wie folgt aussehen:

  • Nummer der Strahlenschutzkleidung und Farbe (z.B. Schürze 23 - blau)
  • Abteilungsname (z.B. Radiologie)
  • Produktionsdatum der Strahlenschutzkleidung So lassen sich die dokumentierten Bilder der Strahlenschutzkleidung auch im PACS jederzeit einfach und schnell auffinden. Selbstverständlich kann auch eine andere Namensgebung gewählt werden. Wichtig ist nur, dass die Strahlenschutzkleidung eindeutig identifiziert werden kann.

So lassen sich die dokumentierten Bilder der Strahlenschutzkleidung auch im PACS jederzeit einfach und schnell auffinden. Selbstverständlich kann auch eine andere Namensgebung gewählt werden. Wichtig ist nur, dass die Strahlenschutzkleidung eindeutig identifiziert werden kann.

Positionierung der Strahlenschutzkleidung auf dem CT-Tisch

Zunächst muss die Strahlenschutzkleidung möglichst faltenfrei auf dem CT-Tisch positioniert werden. Speziell bei großen Ganzkörperschürzen hat es sich bewährt, die Schürze über ein Rollboard zu ziehen.

Wahl der richtigen Tischhöhe und -position

Die Tischhöhe ist von entscheidender Bedeutung bei der Prüfung. Die meisten Computertomographen erstellen die Übersichtsbilder (Scout, SurView; Topogramm, Scanogramm) in a-p Röhrenausrichtung. Das bedeutet, dass der Röntgenstrahler „oben“ und der Detektor „unten“ steht, während das Übersichtsbild aufgenommen wird. In diesem Fall muss die Schürzenprüfung auf der niedrigsten Tischposition durchgeführt werden (Abb. 2). So wird gewährleistet, dass der erfasste Bildausschnitt so groß wie möglich ist und die Strahlenschutzkleidung in ihrer vollen Breite erfasst werden kann. Bei einigen CT-Scanner (z.B. Philips MX16) müssen alle Übersichtsradiogramme in p-a Röhrenausrichtung durchgeführt werden (Röhre steht „unten“). In diesem Fall muss die Schürzenprüfung auf der höchsten Tischposition erfolgen, um den maximalen Bildausschnitt gewährleisten zu können (Abb. 3).

Nachdem die richtige Tischhöhe gewählt wurde, wird der Tisch so weit in die Gantry eingefahren, dass der Beginn des Übersichtsbildes am Oberrand der Schürze liegt. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, den Tisch zu „nullen“ also auf „0“ zu stellen oder die eingestellte Tischposition zu notieren. Dies ist wichtig, da mehrere überlappende Übersichtsradiogramme angefertigt werden müssen und so die jeweiligen Startpositionen der einzelnen Übersichtsradiogramme schneller eingestellt werden können.

Durchführung der Prüfung

Nachdem die Tischhöhe und Startposition am CT eingestellt wurden, beginnt die eigentliche Schürzenprüfung. Als Basisprotokoll wird entweder ein CT-Abdomen– oder ein CT-Thorax-Protokoll gewählt. Von diesen Protokollen wird lediglich das Übersichtsradiogramm benötigt. An den Scanparametern des Übersichtsradiogramms muss erfahrungsgemäß nichts geändert werden. Die einzige wichtige Parametereinstellung bezieht sich auf die Länge des Übersichtsradiogramms. Dieses darf nicht länger als 500 mm (512 mm bei Siemens CTs) sein. Andernfalls hätte dies eine deutliche Reduktion der räumlichen Auflösung zur Folge. Feine Details könnten dann übersehen werden. Nun werden so viele überlappende Übersichtsradiogramme aquiriert bis die Schürze komplett abgebildet ist (Abb. 4 a-c). Der Tisch hat nach jedem Übersichtsradiogramm ein paar Zentimeter „Bremsweg“. Deshalb muss nach jedem Übersichtsradiogramm die Startposition des folgenden Übersichtsradiogramms aktiv neu eingestellt werden. Beispiel bei einer Länge des Übersichtsradiogramms von 500 mm.

  • Übersichtsradiogramm 1: Start bei Tischposition „0“, Ende bei Tischposition „-500“
  • Übersichtsradiogramm 2: Start bei Tischposition „-490“, Ende bei Tischposition „ -990“
  • Übersichtsradiogramm 3: Start bei Tischposition „-980“, Ende bei Tischposition „-1480“

Auf diese Art und Weise lassen sich Röntgenschürzen sehr zeitsparend überprüfen, ohne dass sich der Untersucher der Röntgenstrahlung selber aussetzt.

Dokumentation

Die aufgenommenen Übersichtsradiogramme sollten im PACS archiviert werden. Da jede Strahlenschutzkleidung im RIS eindeutig benannt wurde, lassen sich auch Jahre später die Aufnahmen im PACS leicht wiederfinden. Gleichzeitig muss laut DIN 6857-2 eine schriftliche Dokumentation erfolgen. Es müssen nicht nur die Prüfungen mit Hilfe der CT schriftlich dokumentiert werden, sondern auch die jährlichen Sicht- und Tastprüfungen. Dokumentationsbögen für die Prüfergebnisse können auf der Internet-Seite des TÜV Süd heruntergeladen werden.

Beurteilung

Wie in den Abbildungen 4a-c zu sehen ist, sollte die Röntgenschürze homogen dicht zur Darstellung kommen. Risse des Schutzmaterials stellen sich hypodens und meist unregelmäßig konturiert dar. Schutzmaterial, welches sich nach dem Abreißen im Saum der Schürze sammelt, stellt sich meist hyperdens dar.

Beispielhafte Untersuchungen

Abbildung 5a und 5b zeigt die CT-Kontrolle einer Schürze, die bei der Tastuntersuchung deutlich spürbare Mängel aufwies. Man sieht die Abrisskanten des Strahlenschutzmaterials .Weiterhin sind zahlreiche Bahnen des Strahlenschutzmaterials abgerissen und haben sich im Saum der Schürze gesammelt. Das abgerissene Strahlenschutzmaterial ist durch Pfeile markiert.

In Abbildung 6 ist ein wie ich finde sehr interessanter Fall dargestellt. Die Schütze war nur wenige Wochen alt und wir haben sie zu Übungszwecken mit dem CT untersucht. Auf dem ersten Übersichtsradiogramm kann man deutlich ein hypodenses Dreieck auf der rechten Schürzenseite erkennen. Betrachtet man die Nähte und den Rest der Schürze genau, so ist alles unauffällig. Zunächst dachte ich an einen großen Abriss des Schutzmaterials, doch dafür waren die Kanten zu glatt begrenzt und gerade. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass diese Schürze so konzipiert ist, dass an der Stelle des hypodensen Dreiecks, tatsächlich keine, bzw. nur Schutzmaterial mit einer geringen Dichte verarbeitet wurde. Mir wurde bewusst, dass dieser Bereich (rechte Brustregion) bei dieser Schürze nur dann wirkungsvoll geschützt wird, wenn die Schürze präzise angezogen wird und die linke Seite der Röntgenschürze optimal über die rechte Seite geschlagen wird. Gleichzeitig bedeutet das, dass diese Region nur gering- bzw. gar nicht geschützt ist, wenn die Schürze nicht korrekt angelegt wird.


Literatur

1. D. Top, Ewen: Qualitätsprüfung von in Gebrauch befindlicher Schutzkleidung nach DIN 6857-2, online unter http://www.arbeitsschutz.sachsen. de/download/TO11_DIN6857-2_Schutzkleidung_Top.pdf (Zugriff 10/2017)

2. B. Madsack, M. Walz, J.Westhof - Ärztliche Stelle für Qualitätssicherung in der Radiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie Hessen - Aktuelles aus Normen und Richtlinien

3. M. Lichtenthäler: Röntgenschürzen DIN 6857-2. Röntgenschutzkleidung – was ist zu beachten? Online unter https://www.qsrad.de/röntgenschürzendin-6857-2/ (Zugriff 10/2017)

4. Eder H.: Gefahr unerkannter Läsionen. Dt. Ärzteblatt 24, 2010, A 1199- A1200

5. Eder H.: Strahlenschutz durch Röntgenschürzen: Strengere Vorgaben. Dt. Ärzteblatt 2014; 111(38): A-1578

6. Eder H.: Röntgenschürzen: Strahlenschutz versus Gewicht, online unter http://beckelmann.dante-cms.de/dante-cms/app_data/adam/repo/tempmedia/1508398181.XDGCSQUWKOPIYZIZYYPDCONIBHUYQIQD/11927_Rntgenschrzen__Strahlenschutz_versus_Gewicht.pdf (Zugriff 10/2017)


Quelle:

Nachdruck aus der Zeitschrift radiologie|technologie 3/2017 - MTA-R bedankt sich bei dem Autor Alex Riemer und bei radiologie|technologie für die freundliche Überlassung des Beitrags.

Download: Artikel Prüfung von Strahlenschutzkleidung mittels Computertomographie von Alex Riemer


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