Wann und bei wem?
Der richtige Einsatz von pädiatrischen Zusatzfilter
Die neue Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik von 2022 beschäftigt sich auch ausführlich über die besondere aufnahmetechnische und ärztliche Qualitätsanforderungen bei Neugeborenen, Säuglingen, Kindern und Jugendlichen. Unter anderem auch zum Einsatz der pädiatrischen Zusatzfilter.
Die Verwendung von pädiatrischen Zusatzfilter!
Hierzu muss man die neue Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik heranziehen. Diese wurde am 15.09.2022 novelliert und berücksichtigt die neuen Empfehlungen der Strahlenschutzkommission (SSK) von2022 die vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegeben wurde.
In Kapitels III der Leitlinie wird dort auf die besonderen aufnahmetechnischen und ärztlichne Qualitätsanforderungen bei Neugeborenen, Säuglingen, Kindern und Jugendlichen eingegangen. Nachstehend der Wortlaut (Kapitel III):
„Mehr noch als in der Erwachsenenradiologie ist in der pädiatrischen Radiologie nicht zuletzt aufgrund der besonderen psychischen Situation des Kindes eine Durchführung der Untersuchung in kindgerechter Umgebung durch einfühlsames Personal und rasches und zielgerichtetes Arbeiten unabdingbar. Insbesondere ist zu beachten:
- Die Fragestellungen in der Pädiatrie sind in vielen Fällen – bedingt durch altersspezifische Krankheitsbilder – andere als bei erwachsenen Personen. Durch eine genaue Anpassung der Untersuchungsbedingungen in Planung und Durchführung kann dem ALARA-Prinzip entsprechend die Strahlenexposition der zu untersuchenden Personen erheblich reduziert werden. Außerdem bestehen in den einzelnen Altersstufen besondere Untersuchungs und Abbildungsbedingungen, die bei der Qualitätssicherung berücksichtigt werden sollten.
- Für eine ausreichende Immobilisation und korrekte Positionierung sowie Projektion ist Sorge zu tragen. Bei nicht ausreichend kooperierenden Kindern sollte das Halten durch Begleitpersonen unter Verwendung von Strahlenschutzmitteln erfolgen und nur in Ausnahmefällen und bei besonderen Fragestellungen durch das Pflege- oder Assistenzpersonal.
- Allgemein gültige, organspezifische Qualitätskriterien können in diesen Altersgruppen nicht für alle Fälle definiert werden. Vielmehr ist für den Einzelfall eine individuelle Überprüfung der Planungs-, Durchführungs- und Bildqualität vor dem Hintergrund der jeweiligen klinischen Fragestellung erforderlich.
- Im Katalog diagnostischer Qualitätskriterien, aufnahmetechnischer Hinweise und physikalischer Größen des Bilderzeugungssystems werden die für Neugeborene, Säuglinge und Kinder geltenden Kriterien als pädiatrische Besonderheiten aufgeführt. Diese sind bei allen Röntgenuntersuchungen dieser Altersgruppen zu berücksichtigen. Sie modifizieren die für die Untersuchung erwachsener Patientinnen und Patienten gültigen Kriterien oder sind zusätzlich zu beachten. Die vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erstellten diagnostischen Referenzwerte für radiologische und nuklearmedizinische Untersuchungen bei Kindern und Jugendlichen sind zu berücksichtigen (BfS – diagnostische Referenzwerte für interventionelle Röntgenanwendungen 2018), (BfS – diagnostische Referenzwerte für nuklearmedizinische Untersuchungen 2021). Es ist zu beachten, dass bei allen digitalen Systemen nicht nur Untersuchungsbedingungen und Belichtungsparameter Einfluss auf die Bildqualität haben, sondern in erheblichem Maße auch die Parameter der Bildprozessierung und -nachverarbeitung. So unterscheiden voreingestellte Glättungsfilter/Rauschfilter nicht zwischen Bildrauschen und kleinen Lungenstrukturen eines Neugeborenen oder Säuglings.
- Belichtungsparameter werden individuell in Abhängigkeit von Alter, Durchmesser, Gewicht des Kindes und entsprechend der Fragestellung angepasst und erfolgen mit freier Belichtung oder Belichtungsautomatik. Bei Einsatz einer Belichtungsautomatik sind möglichst kleine und variabel auswählbare Messkammern einzusetzen. Kann kein geeignetes Messfeld zur Anwendung angewählt werden, sind angepasste Belichtungstabellen zu verwenden. Erfahrungsgemäß kann in einem Alter ab ca. 5 Jahren die Belichtungsautomatik sinnvoll eingesetzt werden. Stark röntgendichte Materialien (z. B. Kontrastmittel im Darm oder in der Blase beim Miktionszystourethrogramm (MCU)) sollen nicht in das Messfeld geraten, weil sonst eine verlängerte Belichtungszeit und entsprechend einer höheren Exposition resultiert.
- Eine Zusatzfilterung von 1 mm Al- und mindestens 0,1 mm Cu-Äquivalent (bis 0,3 mm Cu) soll bei Aufnahmen des Körperstamms von Kindern und Jugendlichen in den Strahlengang eingebracht werden (Anlage I SV-RL). Über die Anforderung der SV-RL hinaus sollte wegen des großen Anteils an rotem Knochenmark in den langen Röhrenknochen auch für diese Bereiche eine Zusatzfilterung verwendet werden. Die Schaltzeiten sollen aus den Aufzeichnungen nachvollziehbar sein. Darüber hinaus muss bei allen röntgendiagnostischen Untersuchungen am Körperstamm, inklusive intraoperativer Durchleuchtung, das Dosisflächenprodukt und möglichst die Einfalldosis bzw. -Dosisleistung aufgezeichnet werden (siehe SV-RL).
- Bei Kindern sind Streustrahlenraster entsprechend der pädiatrischen Besonderheiten anzuwenden. Das Raster soll an Aufnahme- und Durchleuchtungsgeräten, an denen Kinder untersucht werden, auf einfache Weise entfernt werden können.
- Auf eine exakte Einblendung des Nutzstrahlungsfeldes mit erkennbaren Feldgrenzen und Bleiabdeckung der angrenzenden Körperstammabschnitte und der Gonaden soll besonders geachtet werden.
- Bei Neugeborenen/Säuglingen kann bei Anwendung gepulster Durchleuchtung mit digitaler Bildspeicherung (LIH, LIR) in den meisten Fällen auf zusätzliche Röntgenaufnahmen verzichtet werden. Die Pulsfrequenz ist der Fragestellung entsprechend anzupassen; meist reicht eine Pulsfrequenz von 3 Pulsen/s aus. Aufgrund des Dosisbedarfs von Bildverstärkern und Festkörperdetektoren sollte bei Kindern unter optimaler Einblendung und dem größtmöglichen Format (ohne Zoom) untersucht werden, da andernfalls ein höherer Dosisbedarf resultiert.“
In Abschnitt B der Leitlinien befindet sich dann ein Katalog spezifischer ärztlicher und aufnahmetechnischer Qualitätsanforderungen bei Röntgenuntersuchungen. Zu jeder Anwendung auch mit Ausführungen zu den pädiatrischen Besonderheiten!
Unter anderem findet man dort Angaben zu u.a. zu Spannung (kV) , Aufnahme mit oder ohne Raster, usw. Gesondert werden Zusatzfilterungen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, sowie bei Durchleuchtungen und Interventionen aufgeführt.
Eine Zusatzfilterung von 1 mm Al- und mindestens 0,1 mm Cu-Äquivalent (bis 0,3 mm Cu) soll bei Aufnahmen des Körperstamms von Kindern und Jugendlichen in den Strahlengang eingebracht werden (Anlage I Sachverständigen-Richtlinie SV-RL). Über diese Anforderung der SV-RL hinaus sollte wegen des großen Anteils an rotem Knochenmark in den langen Röhrenknochen auch für diese Bereiche eine Zusatzfilterung verwendet werden.
Das heißt: Filter sind bis zum Unterarm und bis zum Unterschenkel Filter anzuwenden. Je nach Fragestellung darf aber mit entsprechender Begründung des fachkundigen Arztes davon abgewichen werden.
In der Leitlinie können natürlich nicht alle denkbaren klinischen Fragestellungen, für die eine radiologische Diagnostik in Frage kommt, behandelt werden. Abweichungen von dieser Leitlinie sind deshalb möglich, jedoch fachlich (vom fachkundigen Arzt) zu begründen und zu dokumentieren. z.B. bei speziellen Fragestellungen oder besonderen Voraussetzungen.
Bei der digitalen Radiographie kann unter bestimmten Voraussetzungen auch auf ein Streustrahlenraster verzichtet werden, um die Strahlenexposition der zu untersuchenden Person zu reduzieren.
Natürlich muss auch auf eine exakte Einblendung des Nutzstrahlungsfeldes mit erkennbaren Feldgrenzen und Bleiabdeckung der angrenzenden Körperstammabschnitte und der Gonaden soll besonders geachtet werden.
In der Leitlinie nicht angegebene Untersuchungen sollten im Sinn der vorliegenden Leitlinie analog behandelt werden.
Pädiatriefilter auch bei Erwachsenen???
Es ist prinzipiell nirgendwo untersagt Zusatzfilter auch bei Erwachsenen zu benutzen. In der Präambel der Leitlinien der BÄK wird darauf hingewiesen, dass die Qualität der radiologischen Diagnostik in der Projektionsradiographie, der Mammographie, digitalen Volumentomographie (DVT) und Durchleuchtung durch
- die klinische Fragestellung und Informationen,
- die damit begründbare rechtfertigende Indikation und
- die optimierte Durchführung der Untersuchung
bestimmt wird.
Hierfür ist die Darstellung der diagnostisch relevanten Bildinformationen mit einer medizinisch vertretbar niedrigen Strahlenexposition notwendig. Die sachgerechte technische Durchführung der Untersuchung ist durch - nach Strahlenschutzrecht qualifiziertes Personal - nötig. (ALARA-Prinzip).
Das ALARA-Prinzip fordert, beim Umgang mit ionisierenden Strahlen eine Strahlenbelastung von Menschen, Tieren und Material (auch unterhalb von Grenzwerten) so gering zu halten, wie dies mit vernünftigen Mitteln machbar ist.
Daraus ist abzuleiten:
- Die Dosierung der Strahlung einer Röntgen-Aufnahme soll sich nach der Fragestellung orientieren.
- Die Bildqualität soll so gut wie notwendig, nicht so gut wie möglich sein.
- Die qualitativ beste Aufnahme ist die Aufnahme, die mit der geringst möglichen Dosis angefertigt wurde und die Fragestellung des Arztes zu 100% beantworten kann.
- Die Fragestellung muss dem technisch durchführenden Personal bekannt sein.
Allen Beteiligten - sowohl den rechtfertigende Indikation stellenden Ärzten, als auch dem technisch durchführenden Personal - sei jedenfalls geraten, sich intensiver mit den neuen Werken (Leitlinie der BÄK, sowie Empfehlungen der SSK) auseinanderzusetzen.
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