Wohin gelangt das KM nach der Untersuchung?

Röntgenkontrastmittel in Gewässern

Karl-Heinz Szeifert 27 May, 2019 00:00

RKM sind vom Menschen hergestellte Chemikalien. Sie werden von den Patienten vor der Untersuchung aufgenommen und in der Regel innerhalb eines Tages mit dem Urin wieder ausgeschieden. Und was dann?

Nierenarteriographie (Foto: Wikipedia)

Bei radiologischen Untersuchungen sind Röntgenkontrastmittel (RKM) heutzutage nicht mehr wegzudenken. Sie werden von den Patienten vor der Untersuchung aufgenommen und in der Regel innerhalb eines Tages mit dem Urin wieder ausgeschieden. Dabei wirkt sich der menschliche Stoffwechsel kaum auf die RKM aus. Sie verlassen den Menschen im Grunde so, wie er sie zu sich genommen hat. Daher werden sie als „stabile Arzneimittel“ bezeichnet. Das ist notwendig für die Untersuchung und durchaus gewollt. Ein Nachteil der RKM in Bezug auf ihre Entsorgung ist jedoch, dass sie nur schwer biologisch abbaubar sind. Sie gelangen also über Klinikabwässer und das Abwasser privater Haushalte in das kommunale Abwassersystem.

Der Weg des Röntgenkontrastmittels

In der Kläranlage angekommen, werden die Röntgenkontrastmittel kaum abgebaut und nur in geringem Maße vom Klärschlamm oder Sediment aufgenommen. Ihr Verbleib im Wasser kann zu einer kontinuierlichen Anreicherung in unseren Flüssen und Seen führen. Insbesondere in Oberflächengewässern, die als Ressource zur Trinkwassergewinnung genutzt werden, stören derartig schwer abbaubare Substanzen die Wasserversorger, die Verbraucher und die Öffentlichkeit. Die einfachste Maßnahme, das zu verhindern: das Mittel beim Verursacher auffangen. In Mülheim an der Ruhr startet dazu im Jahr 2017 unter der Schirmherrschaft des Mülheimer Oberbürgermeisters Ulrich Scholten ein durch die RWW Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft GmbH und das IWW Zentrum Wasser gemeinsam initiiertes Pilotvorhaben, das gemeinsam mit allen Mülheimer Kliniken den Eintrag von RKM in den Wasserkreislauf verhindern soll – durch die Verwendung von Urinbeuteln nach der Einnahme von RKM: das Pilotprojekt MERK'MAL. Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg hat 2016/17 ein Pilotvorhaben des Fraunhofer ISI zur Akzeptanz der Nutzung von Urinbeuteln gefördert (MindER), und anschließend ein Nachfolgeprojekt MindER2 gestartet, in dem Maßnahmenkombinationen mit Fokus auf separaten Toiletten in Radiologischen Praxen und Abteilungen untersucht werden.

Das Pilotprojekt MindER

Im Pilotprojekt „MindER“ wurde die Akzeptanz von Patienten, nach der RKM-Verabreichung Urinbeutel zu nutzen, in einer 9-wöchigen Umsetzungsphase untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass etwa 20–30 % aller Patienten dazu bereit und in der Lage sind. Darauf aufbauend wird in der Studie empfohlen, die Urinbeutel mit weiteren anwendungsorientierten Rückhaltemaßnahmen zu kombinieren. Im Rahmen eines Nachfolgeprojektes „MindER2“ soll deshalb ab Herbst 2017 der Einsatz separater Toiletten in Radiologieabteilungen und Schwerpunktstationen am Uniklinikum Ulm untersucht werden. Beide MindER-Projekte wurden bzw. werden mit Mitteln des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg finanziert.

Das Pilotprojekt MERK'MAL

Das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderte Pilotprojekt MERK'MAL in Mülheim an der Ruhr teilt sich in mehrere Phasen: In einer Sammlungsphase werden zunächst in den beteiligten Kliniken und Praxen an Patienten Urinbeutel an radiologisch untersuchte Patienten herausgegeben. In den Beuteln befindet sich ein feinkörniges Pulver, das den Urin in eine feste Masse verwandelt. Die Beutel können nach Gebrauch über den Restmüll entsorgt werden. Im Anschluss folgt die Auswertung aller gesammelten Daten, um den Erfolg der Maßnahme in Bezug auf die Verringerung des Eintrags von RKM in die Ruhr zu bewerten. Die aktive Projektphase mit Herausgabe der Teilnehmersets an die Patienten in den Krankenhäusern und der Praxis erfolgt in der Zeit von Juli bis Oktober 2017. In diesen Wochen bekommen die Patienten nicht nur die Urinbeutel und Informationsmaterial vom behandelnden Arzt oder dem medizinischen Fachpersonal, sondern auch einen Feedback-Bogen überreicht. Parallel zur Sammlung führt das Institut für Energie- und Umwelttechnik e.V. (IUTA) Wasseranalysen durch und beobachtet die Konzentration der RKM im Wasser.

Im Anschluss an die Sammlungsphase wird die Mitwirkung der Patienten anhand ihres Feedbacks zur Teilnahme gemessen. Darüber hinaus werden die Messungen der RKM-Konzentrationen ausgewertet um herauszufinden, wie sich die Belastung der Ruhr durch das Auffangen der RKM mit Urinbeuteln verändert hat.

Ergebnis

Das Projekt ist ein Erfolg: Die Konzentration der Röntgenkontrastmittel an den Messpunkten ist deutlich gesunken. Die Verantwortlichen konnten im März 2018 ein positives Fazit ziehen. In der Sammelphase wurden an 2200 Patienten in Mülheim an der Ruhr Urinbeutel ausgegeben. Bis zu 87 Prozent, das haben stichprobenartige Befragungen gezeigt, haben diese auch benutzt. Daher denken die Beteiligten derzeit darüber nach, MERK'MAL auf einen größeren Bereich auszudehnen. Denkbar ist die Region zwischen Duisburg und Dortmund bzw. Arnsberg.


Quellen: Wikipedia MERK'MAL

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