Der zeitliche Ablauf muss stimmen!

Kein Röntgen ohne vorhergegangene rechtfertigende Indikation!

Karl-Heinz Szeifert 3 Apr, 2022 17:19

Die rechtfertigende Indikation ist stets vor der Röntgenuntersuchung zu stellen! - Dies ergibt sich eindeutig aus dem §83 Abs. 2 und 3 des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG)

Die Sinnhaftigkeit dieser Festlegung ergibt sich klar aus dieser Vorschrift (Nutzen-Risikoabwägung; Nutzung anderer Untersuchungsverfahren). Wenn die rechtfertigende Indikation erst nach der Röntgenuntersuchung gestellt wird, dann können diese Betrachtungen nicht mehr einfließen. Es könnte sich dann in solchen Fällen um nicht gerechtfertigte Körperverletzungen handeln, die als Ordnungswidrigkeit oder gegebenenfalls sogar als Straftat betrachtet werden könnten. Dies würde im Einzelfall dann von den Aufsichtsbehörden oder den Strafverfolgungsbehörden festgestellt. Zudem geben die Regelungen zur praktischen Vorgehensweise in § 83 Abs.3 StrlSchG geben klar vor, dass der die rechtfertigende Indikation stellende Arzt den Patienten vor Ort persönlich untersuchen kann. Dies gilt auch bei einer Überweisung oder Zuweisung durch einen anderen Arzt ohne oder mit Fachkunde im Strahlenschutz. Einzige Ausnahme hiervon ist die genehmigte Teleradiologie.

Daraus folgt, dass der Arzt der die rechtfertigende Indikation vornimmt natürlich wissen muss, dass der Patient da ist, warum er da ist, sowie Arzt und Patient sich am „gleichen“ Ort befinden müssen!

Dass der rechtfertigende Arzt den Patienten tatsächlich untersuchen muss, ist im StrlSchG nicht festgelegt. Er kann im Einzelfall sicherlich aufgrund von vorliegenden Kriterien (Überweisungen, Zuweisungen, Berichte, andere Untersuchungsergebnisse, ggf. persönliches Kennen eines Patienten) auch rechtfertigende Indikationen stellen, die allen Anforderungen des StrlSchG entsprechen, ohne Patienten persönlich zu untersuchen. Er muss allerdings jederzeit die Möglichkeit haben den Patienten zu untersuchen, um vielleicht bestimmte Risiken auszuschließen oder Besonderheiten für die technische Durchführung festzulegen. Insoweit ist es durchaus möglich, dass sich Patient und rechtfertigender Arzt in einem gewissen räumlichen Abstand (z.B. auf dem „gleichen“ Klinikgelände) aufhalten. So dass der rechtfertigende Arzt gegebenenfalls vor der tatsächlichen Rechtfertigung der einzelnen Untersuchung den Patienten noch aufsuchen und persönlich untersuchen könnte.

Es bestehen dann keine Bedenken, wenn der rechtfertigende Arzt (unabhängig davon, ob die rechtfertigende Indikation mit oder ohne Patientenkontakt erfolgt ist) die Anweisungen - vor der technischen Untersuchung - schriftlich oder auch elektronisch an die technisch durchführenden Mitarbeiter(innen) weiterleitet.

Wichtig ist, dass sowohl die rechtfertigende Indikation als auch die Daten der technischen Durchführung und der Befund dokumentiert und aufbewahrt werden müssen.

Zusammenfassung:

Eine radiologische Untersuchung ohne vorherige Stellung der rechtfertigenden Indikation ist kein Kavaliersdelikt. Der Arzt muss zwar den Patienten vor der Aufnahme nicht sehen, allerdings muss er anhand der vorliegenden Überweisung und Unterlagen in allen Fällen eine Abwägung darüber treffen, inwieweit der gesundheitliche Nutzen der Anwendung von Röntgenstrahlen gegenüber dem Strahlenrisiko überwiegt. Er muss sich daher vor der Untersuchung mit dem Patienten bzw. zumindest mit dessen Patientenakte einschließlich der Überweisung befassen.

Nur wenn von ihm der Nutzen höher als das Risiko eingeschätzt wird, darf das Praxispersonal die Untersuchung durchführen. Dabei muss der Arzt natürlich schon vor der Untersuchung des Patienten anwesend sein. Denn nur so kann und muss er bei Unklarheiten Rücksprache mit dem Patienten halten und ihn ggf. auch vorher untersuchen können. (§83 Abs3 Satz4 StrlSchG)

Siehe auch: MTA-R.de Fehlende rechtfertigende-Indikation

Quelle: https://www.forum-strahlenschutzrecht.de/

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