Folgen von thoriumhaltigen Kontrastmittel
Thorax nach KM-Gabe Jahrzehnte zuvor
Heute wird einem ein solcher Fall wohl nicht mehr begegnen, aber in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wurde das schon das eine oder andere Mal beobachtet.
Auf der pa-Aufnahme des Thorax (Bild1) fällt eine deutliche Verdichtungszonen im oberen Bereich des linken Abdomens (Bild2) auf.
Die Anamnese und das Oberbauch-CT führen zur Erklärung.
Bei dem Patient wurde Anfang der 50er-Jahre eine Serien-Angiographie durchgefühert. Jodhaltige Kontrastmittel gab es damals noch nicht. Das Mittel der Wahl damals war Thorotrast oder Umbrathor - und diese Mittel enthielten das langlebige Radio-Isotop Thorium-232 mit eine Halbwertszeit von gut 14 Milliarden Jahre.
Das daraufhin bei dem Patienten angefertigte native Computertomogramm - also ohne Kontrastmittelgabe (Bild 2) - verdeutlicht, dass es sich bei der Verdichtung um die stark geschrumpfte Milz des Patienten handelt.
Das gleichzeitige Auftreten einen geschrumpften und verdichteten Milz, sowie verdichteter Lymphknoten sind charakteristisch für eine früher vorgenommene Kontrastmittelinfusion mit Thoriumdioxid. Auch die Leber ist verdichtet und zeigt multiple Verschattungen in einem netzförmigen Muster. Zahlreiche verdichtete Lymphknoten im oberen Abdomen sind zu erkennen.
Thorotrast war eine kolloidale Suspension von Thoriumdioxid und wurde bis in die 50-er Jahre als Kontrastmittel verwendet. Meist wurde das Kontrastmittel in Mengen von ca. 20 ml unverdünnt intravenös oder intraarteriell injiziert. Das Mittel wird in das Retikulohistiozytäre System (RHS) eingelagert und ist demzufolge in Leber, Milz, Lymphdrüsen und Knochenmark auch viele Jahre nach der Kontrastmittelgabe nachzuweisen.
Thorotrast wird heute nicht mehr verwendet, da Thorium als Alpha-Strahler eine sehr lange biologische Halbwertszeit von etwa 400 Jahre besitzt. Das radioaktive 232Th (Halbwertszeit: 1,4·1010 Jahre) wird deshalb in den Organen des retikuloendothelialen Systems zeitlebens gespeichert und führt zu einer chronischen Exposition durch α-Strahlung. Dies ist auch die Ursache für die stark karzinogene Wirkung des Mittels, die meist erst Jahre nach Injektion in Form von Angiosarkomen der Leber und der Milz auftritt.
Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Thorotrast und dem Gallengangskarzinom. Außerdem können sehr seltene und sehr bösartige Tumore wie Hämangioendotheliome oder Angiosarkome der Leber induziert werden.
Da die thoriumhaltigen Kontrastmittel bereits seit Mitte der 50er Jahre nicht mehr verwendet werden, wird man solch eine Diagnose heute wohl nicht mehr stellen.
Thorotrast
- Bis Mitte der 1950er Jahre vor allem als Kontrastmittel für die Angiographie verwendet. Danach verboten!
- Die Hohe Ordnungszahl und hohe Atommasse bewirken eine starke Absorption von Röntgenstrahlen mit sehr gutem Kontrast.
- Bei ersten Anwendungen wurden keine unmittelbaren Nebenwirkungen festgestellt.
- Zwar wusste man schon, dass Thorium radioaktiv ist. Das sehr langlebige Isotop Th-232 wurde aber als harmlos eingestuft. - Halbwertzeit: 14 Mrd. Jahre !
- Wie sich viele Jahre später herausstellen sollte – ein fataler Irrtum!
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