Weniger Strahlung beim Röntgen, aber unzufriedene Strahlenschützer
Röntgen ist inzwischen deutlich strahlensparender als noch vor einigen Jahren. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat deshalb neue und niedrigere Referenzwerte veröffentlicht.
Doch gleichzeitig bemängelt das Amt, dass in Deutschland noch immer zu viel geröntgt wird. Ein Blick auf Zahlen und Werte.
In den zehn Jahren bis 2006 hat sich die Zahl der Computertomografien in Deutschland zwar verdoppelt, doch der Anteil an der gesamten radiologischen Diagnostik liegt nur bei rund sieben Prozent.
Das BfS hatte 2003 erstmals Referenzwerte für radiologische Untersuchungen eingeführt, wie es die Röntgenverordnung fordert. Für Röntgenuntersuchungen einschließlich Durchleuchtungen, etwa bei Angiografien, werden Obergrenzen für das Dosis-Flächen-Produkt (DFP) angegeben; bei CT-Untersuchungen für die mittlere effektive Dosis eines CT-Schnitts (effektiv gewichtete CT-Dosisindex, CTDIvol) und das Dosis-Längen-Produkt (DLP). Die Referenzwerte sind für Kliniken und Praxen gleichermaßen verbindlich.
Die Werte werden gemessen beispielsweise direkt durch Anzeige des DFP oder von CTDIvol und DLP. Anschließend müssen sie dokumentiert, von den zuständigen ärztlichen Stellen überprüft und an das BfS gesendet werden. Daraus berechnet das Bundesamt schließlich die Referenzwerte.
Moderne Röntgengeräte sorgen für eine Korrektur der Referenzwerte nach unten
Weil mit modernen Röntgengeräten inzwischen sehr viel strahlensparender untersucht werden kann, war eine Korrektur der Referenzwerte notwendig geworden. Zum Beispiel liegt der Referenzwert für eine Röntgenuntersuchung des Beckens jetzt um 40 Prozent unter dem alten Wert aus dem Jahr 2003. Gleichzeitig reduziert sich das Strahlenrisiko um denselben Prozentsatz, wie das BfS mitteilt.
Stichwort: Dosis-Längen-Produkt (DLP)
Beim Dosis-Längen-Produkt DLP wird gemessen, welche Gesamtdosis ein Patient bei einer CT-Untersuchung erhält. Das DLP setzt sich zusammen aus der mittleren effektiven Dosis CTDIvol und der Länge des Körperabschnitts (Scanlänge), die untersucht wurde: DLP = CTDIvol x L
Für Patienten bedeutet das eine deutlich reduzierte Strahlendosis bei einer einzelnen Röntgenuntersuchung. Dennoch stieg in den Jahren von 1996 bis 2006 die durchschnittliche jährliche medizinische Strahlenbelastung pro Einwohner und Jahr von 1,5 Millisievert (mSv) auf 1,9 mSv. Warum?
Hauptsächlich liegt dieser Zuwachs an den CT-Untersuchungen. Ihre Anzahl hat sich zwischen 1996 und 2006 nahezu verdoppelt: von etwa 0,06 Untersuchungen pro Einwohner und Jahr auf 0,12. Bei der gesamten medizinischen Strahlenbelastung kamen die CT-Untersuchungen 2006 immerhin auf rund 60 Prozent. Und das, obwohl ihr Anteil an der radiologischen Diagnostik nur bei etwa sieben Prozent lag.
Deshalb wirkte sich die absolute Abnahme aller Röntgenuntersuchungen zwischen 1996 und 2006 von etwa 1,8 auf 1,6 pro Einwohner und Jahr auf die jährliche Pro-Kopf-Exposition letztlich nicht aus. Denn die Reduktion kam allein durch zustande, dass konventionelle Röntgenuntersuchungen um etwa einem Drittel abgenommen haben (von vorher etwa 1 auf 0,7 Untersuchungen pro Einwohner und Jahr).
Stichwort: CTDIvol
Die mittlere effektive Dosis für eine einzelne CT-Schichtaufnahme (effektiv gewichtete CT-Dosisindex, CTDIvol) gibt die durchschnittliche Dosis für einen CT-Schnitt an. Die CTDIvol ist je nach Körperabschnitt (Bein, Bauch, Thorax, Kopf) verschieden.
Der Anstieg der CT-Untersuchungen ist auch deshalb besonders bemerkenswert, weil sich im selben Zeitraum die Zahl der MRT-Untersuchungen verdreifacht hat (von 0,2 auf 0,6 pro Einwohner und Jahr). Man sieht: Die Magnetresonanz-Tomografie hat letztlich nicht zur Reduktion der CT-Untersuchung (und der jährlichen Strahlenbelastung) beigetragen. Die Befund gilt zumindest bis zum Jahr 2006, aktuellere Zahlen hat das BfS bislang noch nicht vorgelegt.
Die Strahlenschützer bemängeln nun, dass nach wie vor zu viel geröntgt wird und nicht auf Alternativen wie Sonografie oder MRT zurückgegriffen wird.
Stichwort: Jährliche zivilisatorische Strahlenbelastung
Die jährliche so genannte zivilisatorische Strahlenbelastung beträgt pro Mensch rechnerisch 1,9 mSv. Diese Belastung kommt fast ausschließlich durch nuklearmedizinische und röntgenologische Diagnostik und Therapien zustande. Die Belastung durch Kernkraftwerke (unter 0,01 mSv) oder Fall-out nach dem Tschernobyl-Unfall (unter 0,012 mSv) ist vergleichsweise gering.
Diese rechnerische Größe schwankt individuell sehr stark. Wer mit ionisierenden Strahlen weder untersucht noch behandelt wird, hat entsprechend keine Belastung. Bei Krebspatienten kann durch therapeutische Bestrahlungen und CT-Kontrollen die individuelle Belastung dagegen sehr hoch sein.
Stichwort: Natürliche Strahlung
Alle Menschen sind kosmischer und terrestrischer Strahlung ausgesetzt. Diese natürliche Strahlenbelastung liegt im Schnitt nach Angaben des BfS bei jährlich 2,1 mSv. Den größten Teil davon macht die Radonexposition in geschlossenen Räumen mit durchschnittlich 0,9 mSv aus.
Die kosmische Strahlung wird durch die Erdatmosphäre zum Teil absorbiert. Das heißt, dass in großer Höhe die Strahlenbelastung zunimmt. Nach Angaben der Universität Zürich beträgt sie in 11 000 Metern Höhe über dem Meeresspiegel 0,012 mSv. Bei einem 10-stündigen Flug in dieser Höhe beträgt die Strahlenbelastung demnach 0,12 mSv. Das entspricht etwa der Belastung bei einer Röntgenaufnahme der HWS.
Effektive Strahlendosis einiger Röntgenuntersuchungen (in Millisievert, mSv)
- Extremitäten: 0,01mSv
- Thorax (pa): 0,02 mSv
- HWS: 0,1mSv
- BWS 1 mSv
- LWS: 2,4 mSv
- Schädel: 0,1 mSv
- CT Schädel: 2,0 mSv
- CT Thorax: 11 mSv
- CT Abdomen: 8 mSv
Quelle: Ärztezeitung
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