Neues Strahlenschutzrecht

Die Frage nach der Schwangerschaft

Karl-Heinz Szeifert 24 Jan, 2019 00:00

Wer stellt vor der Anwendung von Röntgenstrahlen den Frauen die Frage nach einer Schwangerschaft - und in welcher Form hat dies zu geschehen.

In einem Krankenhaus kommt eine junge Frau zum Abdomen-CT. Die Aufklärung über die Untersuchung hat der Radiologe mit der Patientin durchgeführt. Dabei wird eindeutig eine Schwangerschaft ausgeschlossen. Beim Auswerten der Bilder stellt der Radiologe dann eine Schwangerschaft ca. im 2. Monat fest und will die MTRA dafür verantwortlich machen: Sie habe die Patientin nicht nach einer möglichen Schwangerschaft gefragt!

Die MTRA ist sehr verunsichert, zumal schon des Öfteren in den elektronischen Anforderungen der diensthabenden und rechtfertigenden Indikation stellenden Ärzte die Schwangerschaftsfrage mit "nein" beantwortet war, und bei Nachfrage durch die MTRA diese aber mit "ja" bzw. "bin mir nicht sicher" beantwortet wurde. Die MTRA bestehen daraufhin auf einen Schwangerschaftstest, was die diensthabenden Ärzte wiederum verärgert!

Solche oder ähnliche Fälle werden leider des Öfteren berichtet.


Wer muss jetzt vor einer Anwendung von Röntgenstrahlen den Frauen die Frage nach einer Schwangerschaft stellen und in welcher Form soll dies geschehen?

Bisher regelte dies der § 23 Abs. 3 RöV Frage nach der Schwangerschaft“ bisher schon recht eindeutig. Dort hieß es wörtlich: „Vor einer Anwendung von Röntgenstrahlung in der Heilkunde oder Zahnheilkunde hat der anwendende Arzt gebärfähige Frauen, erforderlichenfalls in Zusammenarbeit mit dem überweisenden Arzt, zu befragen, ob eine Schwangerschaft besteht oder bestehen könnte. Bei bestehender oder nicht auszuschließender Schwangerschaft ist die Dringlichkeit der Anwendung besonders zu prüfen.“

Seit dem 1.1.2019 gilt die neue Strahlenschutzverordnung. Hier wird es ähnlich deutlich geregelt:

§ 120 der StrlSchV - Schutz von besonderen Personengruppen

(Abs. 1) Der anwendende Arzt oder Zahnarzt hat vor einer Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe gebärfähige Personen, erforderlichenfalls in Zusammenarbeit mit einem überweisenden Arzt, zu befragen, ob eine Schwangerschaft besteht oder bestehen könnte. Bei bestehender oder nicht auszuschließender Schwangerschaft ist die Dringlichkeit der Anwendung zu prüfen. Bei der Anwendung offener radioaktiver Stoffe gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend für stillende Personen.

(Abs. 2) Der anwendende Arzt oder Zahnarzt hat bei Personen, bei denen trotz bestehender oder nicht auszuschließender Schwangerschaft die Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe geboten ist, alle Möglichkeiten zur Herabsetzung der Exposition dieser Person und insbesondere des ungeborenen Kindes auszuschöpfen. Bei der Anwendung offener radioaktiver Stoffe gilt Satz 1 entsprechend für stillende Personen.

Darüber hinaus steht im § 85 Strahlenschutzgesetz StrlSchG (Aufzeichnungspflichten) sinngemäß:

Es ist dafür zu sorgen, dass über die Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe am Menschen Aufzeichnungen angefertigt werden. Die Aufzeichnungen müssen unter anderem folgendes enthalten:

  1. Angaben zur rechtfertigenden Indikation,
  2. den Zeitpunkt und die Art der Anwendung,
  3. Angaben zur Exposition

Diese Aufzeichnungen zur rechtfertigenden Indikation müssen unter anderem natürlich auch die Ergebnisse der Befragung des Patienten nach § 120 der StrlSchV (Frage nach Schwangerschaft) enthalten.

  • Der anwendende Arzt hat vor einer Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe gebärfähige Personen, zu befragen, ob eine Schwangerschaft besteht oder bestehen könnte!

Demnach ist juristisch gesehen eindeutig der "anwendende" Arzt, sprich der fachkundige Arzt, der die rechtfertigende Indikation gestellt hat gehalten, vor der Röntgenuntersuchung gebärfähige Frauen nach Bestehen einer Schwangerschaft zu fragen. Das Ergebnis dieser Befragung muss dann nach § 127 der StrlSchV aufgezeichnet werden.

Damit ist der Beweispflicht, dass diese Befragung wirklich durchgeführt worden ist, nachgekommen.

Der Strahlenschutzbeauftragte kann diese Aufgabe (Befragung von Patientinnen nach Schwangerschaft vor einer Röntgenuntersuchung) auf Assistenzpersonal, z.B. auf eine MTRA, übertragen (delegieren). Die Verantwortung dafür verbleibt formalrechtlich weiterhin bei dem anwendenden Arzt.

Um der Forderung des §120 StrlSchV („bei bestehender oder nicht auszuschließender Schwangerschaft ist die Dringlichkeit der Anwendung besonders zu prüfen“) nachzukommen, muss die Antwort dem Arzt allerdings vor Stellung der rechtfertigenden Indikation bekannt sein.

Wenn also in derartigen Fällen die MTRA vor der Untersuchung eine Patientin nach Schwangerschaft gefragt und das Ergebnis dieser Befragung aufgezeichnet hat (wie auch immer), hat sie ihre Pflicht nach RöV erfüllt und muss keine Repressalien befürchten.

MTRA sollen und müssen - wenn ihnen die Befragung nach der Schwangerschaft übertragen wurde, nur diese Frage stellen und sie aufzeichnen. Mehr nicht. Es gibt auch keine vorgeschriebene Form, wie diese Aufzeichnungen auszusehen haben. Das kann ein anzukreuzendes Feld auf einem Formular sein oder auch das Anklicken eines elektronischen Feldes am PC ("Schwangerschaft ja - nein").

Eine Unterschrift der Patientin ist nicht nötig - aber auch nicht verboten.

Fazit: MTRA können und dürfen immer davon ausgehen, egal ob ihnen das Fragen nach der Schwangerschaft übertragen wurde oder nicht, dass die rechtfertigende Indikation, auch unter Berücksichtigung des §120 StrlSchV, vor der technischen Durchführung von Röntgenanwendungen durch den fachkundigen Arzt stattgefunden hat!


Ab welchem- und bis zu welchem Alter sollten Frauen nach einer Schwangerschaft gefragt werden?

Die offizielle Gebärfähigkeit reicht von 15 bis 45 Jahren. Nach Rücksprache mit der für die Durchführung der RöV zuständigen Juristin des BMU, Bonn, kann diese Regelung in der Form heutzutage nicht mehr aufrechterhalten werden. Es gibt aber auch keine andere Regelung mit klaren Jahresangaben. Also bleibt nichts anderes übrig, als die heutigen ( im Vergleich zu früheren Jahren sich geänderten ) biologischen Gegebenheiten zu berücksichtigen und die oben genannte Jahresspanne nach unten und nach oben entsprechend auszudehnen. Also ist es wohl statthaft und legal, ein 12-jähriges Mädchen nach bestehender Schwangerschaft zu fragen und es verstößt offensichtlich auch nicht gegen die guten Sitten, dieses bei einer 50-jährigen Dame zu tun.


Quelle: http://www.forum-roev.de/ Frage 1311

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