Stichwortsonntag
Tumoren des männlichen Genitale
Das Prostatakarzinom ist die häufigste Tumorerkrankung des älteren und alten Mannes.
Ist der Tumor auf das Organ beschränkt, kann bei jüngeren Männern und entsprechend gutem Allgemeinzustand des Patienten eine operative Entfernung der Prostata einschließlich der Samenblasen und der Beckenlymphknoten durchgeführt werden.
Bei älteren Männern kann aber mit gleich gutem Behandlungsergebnis eine alleinige Bestrahlung der Prostata mit Dosen im Bereich von ca. 70 Gy durchgeführt werden. Die gleichzeitige Bestrahlung der unmittelbar benachbarten Lymphknoten des kleinen Beckens oder ausgedehnterer Anteile der Beckenlymphknoten ist in ihrem Wert nicht eindeutig in prospektiven Studien gesichert. Sie erfolgt heute in vielen radioonkologischen Zentren nur noch unter besonderer und eher individueller Indikationsstellung (z.B. nachgewiesener oder vermuteter Befall der Lymphbahnen des Beckens, fragliche extrakapsuläre Tumorausbreitung, fortgeschritteneres Grading des Primärtumors).
In jüngster Zeit wird zunehmend mehr die neoadjuvante antiandrogene Hormontherapie vor Durchführung der Strahlentherapie empfohlen. Dieses gilt insbesondere für lokal fortgeschrittenere Tumoren, die durch die Hormonbehandlung zu einer teilweise beeindruckenden lokalen Rückbildung gebracht werden. Dieser deutlich verkleinerte Tumor kann mit einer höheren Chance auf Erfolg und eventuell auch schonender bestrahlt werden.
Um eine höhere Strahlendosis in der befallenen Prostata ohne erhöhte Toxizität applizieren zu können, wird in zunehmendem Maße die 3-D-konforme Strahlenbehandlung allein und/oder die perkutane 3-D-Bestrahlung mit einer Brachytherapie mit radioaktiven Seeds oder als Afterloading kombiniert eingesetzt.
Nach jeder R1-, eventuell auch R2-Resektion (wenn also die Operation des Tumors nicht mit tumorfreien Resektionsrändern erfolgte) kann die postoperative Strahlenbehandlung empfohlen werden. In diesem Punkt bestehen noch Meinungsunterschiede zu deutschen Urologen, in den USA wird in großen radioonkologischen Zentren entsprechend verfahren, die dort erreichten Behandlungsergebnisse rechtfertigen diese Indikation.
Spätestens bei einem Wiederanstieg des PSA ist die verzögerte postoperative Strahlentherapie (60-66 Gy) dringend angezeigt. Ein jüngster Konsens der amerikanischen Strahlentherapeuten und Urologen empfiehlt die Strahlentherapie schon bei PSA-Werten < 2 ng/ml. Wird die Strahlentherapie erst bei höheren PSA-Werten begonnen, ist die Rate von "PSA-Rezidiven" innerhalb von fünf Jahren nach Abschluss der Strahlentherapie ungleich höher als bei frühzeitiger Behandlung.
Ist eine Ausbreitung des Tumors über die Prostatakapsel hinaus sowie ein Befall der Beckenlymphknoten sicher ausgeschlossen, so kann eine alleinige interstitielle Strahlenbehandlung des Prostatakarzinoms (mit 125Jod oder 192Iridium) mit Heilungsraten von 80-90% durchgeführt werden, auch dazu liegen seriöse wissenschaftliche Arbeiten insbesondere aus den USA vor, die Patientenkollektive sind jedoch noch vergleichsweise klein und die Nachbeobachtungszeiten kurz im Vergleich zu den Ergebnissen der perkutanen Therapie. Diese Art der Strahlentherapie wird auch in Deutschland zunehmend populärer und von den Urologen empfohlen.
Das Harnblasenkarzinom tritt häufiger bei älteren Männern als bei Frauen auf. In den fortgeschritteneren Stadien mit Einbruch in die glatte Muskulatur der Harnblase (muskelinvasives Karzinom) kann den Patienten als Alternative zur radikalen Zystektomie mit Neoblase die simultane Radiochemotherapie mit Cisplatin mit gleich guten lokalen Tumorkontrollraten angeboten werden. Viele Patienten erleiden Fernmetastasen, die durch die lokale Therapie, gleich welcher Radikalität, nicht beeinflusst werden und die Prognose entscheiden, eine aggressive zytostatische Chemotherapie ist den meist multimorbiden Patienten nur in ausgewählten Fällen zumutbar. Deshalb stellt eine lokal effiziente, organerhaltende Therapie, wie die simultane Radiochemotherapie eine überlegenswerte Alternative für die älteren Menschen dar.
Das Seminom (Keimzelltumor) des Hodens tritt bei jungen Männern auf. Nach der operativen Entfernung des befallenen Hodens muss, selbst in frühen Stadien, mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 30% okkulter, d.h. klinisch nicht erfassbare Mikrometastasen in den aotalen Lymphgknoten ausgegangen werden.
Hier kann eine Strahlenbehandlung dieser Region mit der äußerst niedrigen Strahlendosis von 26 Gy zu einer langfristigen Heilung in 95-100% der Fälle führen.
Aufgrund der hohen Sensibilität von seminomatösen Hodentumoren sowohl gegenüber Strahlentherapie als auch zytostatischen Medikamenten ist hier, im Gegensatz zu den Karzinomen anderer Lokalisationen, selbst Patienten in ausgedehnten Stadien oder nach Rezidiven noch mit langfristigen Heilungen rechnen.
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