Radioaktive Mikrosphären punktgenau gegen Krebs

Die Selektive Interne Radiotherapie - SIRT

Karl-Heinz Szeifert 29 Jan, 2019 00:00

Die Selektive Interne Radiotherapie (kurz: SIRT) ermöglicht es, Tumoren und Metastasen in der Leber direkt zu bestrahlen.

Das Wirkprinzip

Die SIRT ist eine minimalinvasive Krebstherapie. Im Gegensatz zur herkömmlichen Bestrahlung von außen durch gesundes Gewebe hindurch, wird bei der SIRT die Strahlenquelle durch kleinste radioaktive Kügelchen – so genannte Mikrosphären – direkt in den Tumor geleitet. Dort wirken die Mikrosphären punktgenau und können für jeden Patienten individuell dosiert verabreicht werden, so dass das umliegende Gewebe weitestgehend geschont wird.

Der Weg des Katheters bei der SIRT

Die SIRT macht sich hierbei die spezifischen Durchblutungswege der Leber zu Nutze.

Gesundes Lebergewebe erhält einen Großteil seiner Blutversorgung über die Pfortader (Vena portae) und bedeutend weniger über die Leberarterie (Arteria hepatica). Für Lebertumoren gilt das Gegenteil: Sie werden überwiegend über die Leberarterie mit Blut versorgt.

Bei der Therapie wird ein dünner Katheter in die Leberarterie eingebracht und die Mikrosphären direkt zum tumorösen Gewebe geleitet, wo sie dann gezielt ihre Strahlung abgeben können.

Die Mikrokügelchen enthalten Yttrium-90, ein radioaktives Isotop, das Betastrahlung abgibt. Diese Strahlung reicht im menschlichen Gewebe über eine Entfernung von zwei bis elf Millimetern. Bei der SIRT kann somit eine höhere und effektivere Strahlendosis direkt gegen die Krebszellen gerichtet werden als bei der Strahlentherapie von außen.

Verschiedene klinische Studien zeigen, dass mit Hilfe der SIRT Tumoren in der Leber stark verkleinert werden können. Einige Tumoren schrumpfen soweit, dass es Ärzten möglich ist, diese später operativ zu entfernen. In Einzelfällen wird das bösartige Gewebe sogar komplett zerstört.

Selbst für Patienten, die nicht mehr auf eine Chemotherapie ansprechen, kann sich in Folge der SIRT die Lebensqualität der behandelten Patienten verbessern und deren Lebenserwartung erhöhen.

Relevante Indikationen

  • Inoperable Metastasen in der Leber; häufig von Brust- oder Darmkrebs, selten von neuroendokrinen Tumoren oder Aderhautmelanomen
  • Inoperable primäre Lebertumoren (HCC), wie Leberkrebs oder Gallengangskrebs

Durchführung

Die radioaktiven Mikrokügelchen gelangen in den Tumor.

Die SIRT wird von einem Team aus Radiologen und Nuklearmedizinern durchgeführt. Zuvor sammeln Leberspezialisten und Onkologen Informationen zu allen Erkrankungen des Patienten. Danach folgt eine Reihe von Tests, um festzustellen, ob sich der Patient für die SIRT eignet: In einem ersten Eingriff verschließt der Radiologe angrenzende Blutgefäße, damit die radioaktiven Mikrokügelchen später ausschließlich in die Leber und nicht in andere Organe gelangen. Zudem wird gemessen, wie viel Radioaktivität aus der Leber in die Lunge fließt.

Verlaufen die ersten Untersuchungen positiv, verabreicht das SIRT-Team ein bis zwei Wochen später eine individuell festgelegte Dosis der Mikrokügelchen. Der dazu notwendige Katheter wird erneut über die Leiste bis hin zur Leber eingeführt. Der Eingriff dauert in der Regel maximal 90 Minuten und der behandelte Patient kann nach einer Beobachtungszeit von ein bis zwei Tagen das Krankenhaus wieder verlassen.

Die Mikrosphären können entweder in die gesamte Leber oder in jeden Leberlappen einzeln verabreicht werden. Dies kann entweder in Kombination mit einer laufenden Chemotherapie oder aber als alleinige Therapie erfolgen.

Mikrokügelchen geben Strahlung ab und zerstören den Tumor

Eine komplette Heilung ist in aufgrund des fortgeschrittenen Tumorstadiums in den meisten Fällen nicht möglich, jedoch kann durch die SIRT eine Verlängerung der Zeit bis zum Fortschreiten der Tumorerkrankung erzielt werden. Mittlerweile bieten über 40 Kliniken die Therapie an. Weltweit erhielten bereits 20.000 Patienten eine SIRT. Schwerpunktregionen der Behandlung bilden die USA, Australien, Neuseeland, Europa, Hongkong, Malaysia, Singapur, Thailand und Israel.

Nebenwirkungen

Die Selektive Interne Radiotherapie ist insgesamt gut verträglich, vor allem im Vergleich zur Bestrahlung von außen oder der Chemotherapie. Es können jedoch nach dem Eingriff beim Patienten Bauchschmerzen, leichtes Fieber und Übelkeit auftreten. Weitere Nebenwirkungen, die bis zu wenigen Wochen nach der SIRT andauern können, sind Müdigkeit und Abgeschlagenheit.

In Deutschland sind bisher mehr als 3.000 Patienten mit der Selektiven Internen Radiotherapie behandelt worden.


Quelle: SIRT - Das Web-Portal der Expertengruppe Selektive Interne Radiotherapie -

Eine von praktizierenden Ärzten mit langjähriger Therapieerfahrung gebildete Initiative, die sich für eine schnelle und effektive SIRT-Behandlung von Patienten mit Tumoren oder Metastasen in der Leber einsetzt. - Mit dem Ziel:

  • die Therapie und ihre Vorteile in der breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.
  • alle Interessenten umfassend und zuverlässig über die SIRT zu informieren.
  • Betroffenen mit Hilfe eines deutschlandweiten Expertennetzwerks den rechtzeitigen Zugang zur SIRT-Behandlung zu erleichtern.

Kommentieren