Die Dosis macht's!

Hormesis

Karl-Heinz Szeifert 7 Aug, 2018 00:00

Hormesis (griech.: „Anregung, Anstoß“ ist die schon von Paracelsus formulierte Hypothese dass geringe Dosen schädlicher oder giftiger Substanzen eine positive Wirkung auf den Organismus haben können.

Sie wird heute in der Definition weiter gefasst. Bei medizinisch wirksamen Substanzen ist ein solcher dosisabhängiger Umkehreffekt gut nachweisbar (z. B. Digitalis, Colchicin oder Opium). Bei einer Reihe anderer Verbindungen und der Wirkung radioaktiver Strahlung auf Umwelt und Lebewesen wird die Hypothese in Fachkreisen sehr kontrovers diskutiert.

Hormetische Effekte zeichnen sich durch eine nach oben oder unten geöffnete J- oder U-förmige Dosis-Wirkungs-Kurve aus (z. B. rote Kurve im Bild rechts). Hormetische Effekte kommen in unterschiedlichen Kontexten vor und haben unterschiedliche ihnen zugrundeliegende Mechanismen.

Strahlenhormesis

Vereinzelt konnten hormetische Effekte von ionisierender Strahlung (Radioaktivität) nachgewiesen werden. Hier wird auch von Strahlenhormesis gesprochen.

Die Krebsmortalität war unter den Nukleararbeitern mit einer durchschnittlichen arbeitsplatzbedingten Strahlenexposition, die nur ein kleines Vielfaches der natürlichen Hintergrundstrahlung betrug, in einigen Studien 15 bis 20 % geringer als die in der allgemeinen Bevölkerung. Allerdings ist bekannt, dass eine arbeitende Population grundsätzlich gesünder ist als der allgemeine Bevölkerungsdurchschnitt, da dieser auch alle aus körperlichen Gründen arbeitsunfähigen Menschen beinhaltet.

Auch das Einatmen von radioaktivem Radon oder das Trinken radonhaltigen Wassers (Radonbalneologie) soll das Immunsystem stimulieren und so die Gesundheit fördern. Epidemiologische und tierexperimentelle Untersuchungen liefern bisher allerdings widersprüchliche Ergebnisse.

Fachleute für Strahlenschutz gehen daher konservativ (im Sinne von „zur sicheren Seite hin“) von einer linearen Dosis-Wirkungs-Kurve (engl. Linear no-threshold model, LNT-Modell) ohne Schwellenwert und somit einem Schädigungspotential auch bei beliebig niedrigen Strahlendosen aus.

Die Befunde über eine stimulierende oder hormetische Wirkung kleiner Dosen werden von vielen internationalen Gremien nicht hinreichend überzeugend angesehen, um von der linearen Dosis-Wirkungs-Beziehung ohne Schwellenwert abzuweichen. Es wird jedoch angezweifelt, dass die LNT-Methode die richtige Abschätzung ergibt. Diese soll eher aus Strahlenschutzgründen als Oberabschätzung der Gefahren betrachtet werden.

Das LNT-Modell ignoriert nicht nur die eventuelle Strahlenhormesis, sondern auch die wohlbekannte Fähigkeit der Zellen, Erbgutschäden zu reparieren, sowie die vom Organismus, beschädigte Zellen zu entfernen. Diese beiden Mechanismen bewirken, dass eine kleine Dosis über längere Zeit weniger gefährlich ist als eine große Dosis über kurze Zeit.

Das LNT-Modell wurde inzwischen zu Gunsten von ALARA (as low as reasonably achievable) verlassen.


Zitat: „All Ding’ sind Gift und nichts ohn’ Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“ – Paracelsus


Quelle: Die obige Beschreibung stammt teilweise aus dem Wikipedia-Artikel “Hormesis”, lizenziert gemäß CC-BY-SA. Eine vollständige Liste der Autoren befindet sich hier.

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