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Die Mammographie (Teil 2)

schlumpfinchen 21 Apr, 2018 09:00

Gerätetechnik der Mammographie

Kapitel 3 - Gerätetechnik der Mammographie

Anforderungen an ein Mammographiegerät:

  • Feinste Strukturen und Mikroverkalkungen (bis zu 100 µm) mit nur geringen Dichtunterschieden zur Umgebung müssen mit hoher Abbildungsschärfe, hohen Kontrast und geringen Rauschen abgebildet werden.
  • Trotz möglichst hohem Kontrast müssen z.T. sehr unterschiedliche Dichtebereiche (fettreiche Areale, geringe Brustdicke, röntgendichte masthopathische Brüste, thoraxwandnahe Areale mit großer Brustdicke, große Brüste) auf dem Mammographiebild beurteilbar sein.
  • Die weibliche Brust weist eine hohe Strahlenempfindlichkeit auf. Deshalb sollte für mammographische Untersuchung eine möglichst geringe Strahlendosis angestrebt werden, die aber dennoch eine ausreichend gute Bildqualität erlauben muss.

Schematischer Aufbau eines Mammographiegerätes

1. Röntgenröhre

Für die Mammographie sind Spezialröhren erforderlich, die aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften im Vergleich zu sonstigen Diagnostikröhren Röntgenbilder mit einem hohen Gewebekontrast herstellen.

2. kV-Zahl / Weichstrahltechnik

Bei der Mammographie wird die sogenannte Weichstrahltechnik verwendet. Dazu wird niederenergetische Röntgenstrahlung mit einer Röhrenspannung zwischen 25-35 kV verwendet. Die Höhe der kV-Zahl ist von der Dicke und Dichte der Mamma abhängig. Die niedrige kV-Zahl ermöglicht die Darstellung von geringen Absorptionsunterschieden zwischen Drüsen-, Fett-, Bindegewebe und der Haut, weil die Absorptionsdifferenzen mit fallender Röhrenspannung ansteigen. Deshalb sind kontrastreiche Aufnahmen mit hoher Detailerkennbarkeit nur mit einer Spannung von 25-35 kV zu erzielen.

3. mAs-Zahl / Expositionszeit

Zur Vermeidung von Bewegungsunschärfe ist eine kurze Expositionszeit notwendig. Sie muss ˂ 2 sec sein (laut Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik)

4. Anodenmaterial

Für die Weichstrahltechnik in der Mammographie wird ein spezielles Anodenmaterial verwendet.

Es wurden Bimetallanodenröhren mit einer Molybdänanode und Wolfram oder Rhodium als zweites Anodenmaterial entwickelt. Im Gegensatz zu den übrigen Diagnostikröhren in der Radiologie wird in der Mammographie nicht das gesamte Bremsspektrum, sondern in erster Linie die charakteristische Röntgenstrahlung oder K-Strahlung verwendet. Molybdän als Anodenmaterial eignet sich hierfür besonders gut. Molybdän sendet eine charakteristische Röntgenstrahlung von unter 20 keV aus.

Röntgenspektrum einer Mammographie-
Röhre mit Molybdän-Anode (mit und
ohne Molybdänfilter)

Der Bremsstrahlenanteil, der durch die Beschleunigungsspannung von 25-35 kV entsteht, wird durch einen zusätzlich angebrachten Molybdänfilter stark geschwächt, während die charakteristische Röntgenstrahlung weitgehend durchgelassen wird.

Die Entstehung der charakteristischen Röntgenstrahlung an einer Molybdänanode läuft folgendermaßen ab:

Trifft ein in der Anode erzeugter Röntgenquant von ˃20 keV auf ein K-Elektron des Anodenmaterials, überträgt er seine gesamte Energie auf das K-Elektron. Das Elektron löst sich aus der Schale und verlässt das Atom, das somit ionisiert ist. Durch einen Elektronensprung von der L-bzw. M-Schale in die K-Schale entsteht dann die charakteristische Kα bzw. Kβ-Strahlung.

Molybdänanoden sind für die kleine bis normal große und strahlentransparente Brust geeignet. Für dickere und dichte Brüste ist eine erhöhte Spannung erforderlich.

Da Wolfram und Rhodium als Anodenmaterial das charakteristische Röntgenspektrum zu höheren Strahlenenergie verschiebt, werden deshalb Bimetallanodenröhren verwendet. Bei modernen Mammographiegeräten werden die optimale Anodenmaterialwahl und auch die Filterwahl automatisch der jeweiligen Brust angepasst. Durch einen Pilotstrahl wird die Dicke und Dichte der Brust gemessen und kV-Zahl sowie die Anoden-Filter-Kombination vorgewählt.

5. Filter

Der zusätzlich angebrachte Filter hat folgende Funktionen:

  • Der Bremsstrahlenanteil, der durch die Beschleunigungsspannung von 25-35 kV entsteht, wird durch einen zusätzlich angebrachten Filter stark geschwächt, während die charakteristische Röntgenstrahlung weitgehend durchgelassen wird. Damit werden die Energieanteile oberhalb der sog. K-Absorptionskante unterdrückt.
  • Außerdem unterdrückt der Filter (wie das Standardfilter Aluminium bei einer Standardröntgenröhre) die niederenergetischen Anteile des Spektrums, die – da sie in der Brust absorbiert werden – unnötige Strahlenbelastung bedeuten.
  • Somit wird für die Mammographie nur ein enger Energieanteil für die Bildgebung durchgelassen.

Als Filtermaterial wird Molybdän oder Rhodium verwendet.

6. Brennfleckgröße / Doppelfokusgröße

Um die notwendige hohe Schärfe (visuelles Auflösungsvermögen) zu erreichen, müssen Mammographieröhren einen besonders kleinen Brennfleck haben. Laut Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik wird heute ein Brennflecknennwert von analog ≤ 0,3 mm, digital ≤ 0,4 mm gefordert.

Für Zielaufnahmen und Mikrofokusaufnahmen wird ein Brennflecknennwert von 0,1 mm gefordert. Somit wird in der Mammographie eine Doppelfokusröhre verwendet. Außerdem sind Mammographieröhren extrem leistungsstark, weil die gesamte, für die Belichtung der Brust notwendige Strahlung in einem sehr kleinen Brennfleck entsteht und gleichzeitig eine möglichst kurze Expositionszeit erforderlich ist.

7. Heeleffekt / Anodenneigungswinkel

Heel-Effekt

Anodenseitig besteht ein Abfall der Dosisleistung im Strahlenkegel des Nutzstrahlbündels. Der Abfall der Dosisleistung hängt vom Anodenwinkel ab. Je kleiner der Anodenwinkel, desto größer der Abfall der Dosisleistung an der Anodenseite des Nutzstrahlbündels.

In der Mammographieröhre wird die kathodenseitige (weniger geschwächte) Hälfte des Strahlenkegels ausgeblendet und von der verbliebenen Strahlenkegelhälfte die Kathodenseite mit der höheren Dosisleistung an die Brustwand gelegt.

Der Anodenneigunswinkel beträgt dabei 22˚. Durch die Ausblendung der einstrahlenden Kegelhälfte fällt die Strahlung tangential zu Brustwand ein und die Dosisleistung nimmt zur Anodenseite mit der Dicke der Mamma ab.

8. Fokus-Film-Abstand

Laut der Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik muss der Fokus-Film-(Detektor)-Abstand ≥ 60 cm, bei Spezialeinrichtung ≥ 55 cm (Vergrößerungstechnik), sein.

Geringere Abstände führen zu Unschärfen (Halbschattenbildung durch die höhere Divergenz der Röntgenstrahlung) und höherer Strahlenbelastung.

Größere Abstände sind auch nicht sinnvoll, da sie zwar zu einer Verbesserung der Strahlengeometrie führen können, allerdings verlängert sich auch die Belichtungszeit und damit die Belastung der Röhre.

Halbschattenbildung

Zudem ist auf einen kleinen Objekt (Tumor)-Film-Abstand zu achten, um das Halbschattenphänomen zu verringern. Deshalb ist die Kompression der Mamma auch wichtig, da dies den Objekt (Tumor)-Film-Abstand verringert.


Abb. rechts:

Die Halbschattenbildung und damit die Zeichnungsschärfe ist optimiert bei großem Anodenabstand, kleinem Brennfleck und kleinel Tumor-Film-Abstand (a).
Der Halbschatten wird größer bei kleinem Anodenabstand (b), großem Brennfleck (c) und großem Tumor-Filmabstand (d)


9. Kompressorium

Mit einer Kompressionseinrichtung wird die unterschiedliche Dicke des konisch geformten Brustdrüsenkörpers komprimiert und ausgeglichen, sowie das Fettgewebe zwischen die bindegewebsreichen Strukturen des Drüsenkörpers gepresst, das Drüsengewebe aufgespreizt und dadurch eine gute Darstellung aller Strukturen erzielt. Somit ist die Kompression der Brust einer der wichtigsten Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Mammographie

Die Vorteile der Kompression sind folgende:

  • Kompression der Brust
    Gute Kompression verbessert die Auflösung, in dem der Abstand filmferner Details im Drüsenkörper verringert wird. Damit verringert sich die geometrische Unschärfe.
  • Sie verbessert den Kontrast, da für die Durchdringung dünnerer Gewebsschichten v.a. kontrastreichere niederenergetische Strahlung zur Wirkung kommt.
  • Sie erlaubt eine deutliche Dosisreduktion durch die Verringerung der zu durchstrahlenden Brustdicke.
  • Die Kompression reduziert den Streustrahlenanteil erheblich und verbessert damit den Bildkontrast.
  • Sie erlaubt das Sichtbarmachen kleinster Herde, da sich normales Gewebe durch Kompression meist auseinanderspreizen lässt im Gegensatz zu kleinen Malignomherden.
Unterschied: ohne und mit Kompression

Es ist daher von entscheidender Bedeutung, die Patientin in einem kurzen Gespräch von der Notwendigkeit der Kompression zu überzeugen und damit ihr Verständnis, ihre Mitarbeit und Motivation zu gewinnen.

Laut Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik muss die Kompression ≥ 10 Kilopond sein.


Abb. rechts

Linkes Bild: Mammographie mit schlechter Kompression. Das im Drüsengewebe liegende Karzinom ist schwer zu erkennen.

Rechtes Bild: Nach besserer Kompression und bessere Aufspreizung des Gewebes sind das Karzinom (Pfeil) und seine Ausläufer besser erkennbar.


10. Lagerungsplatte

Die Lagerungsplatte dient als Auflage für die Mamma um diese zu komprimieren.

11. Streustrahlenlaufraster

oben ohne - unten mit Streustrahlenraster

Bis zu 60% des Kontrastes gehen verloren, wenn die in der Brust entstehende Streustrahlung nicht unterdrückt wird. Deswegen wird in der Mammographie Streustrahlenlaufraster verwendet. Laut Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik muss das Streustrahlenraster folgende Merkmale aufweisen:

  • Bei einem Schachtverhältnis r = 4, 27 Lamellen pro cm
  • Bei einem Schachtverhältnis r = 5, 30 Lamellen pro cm

Abb. rechts

Bild oben: ohne Streustrahlenraster - Bild unten: mit Streustrahlenraster


Das Schachtverhältnis beschreibt das Verhältnis der Höhe zum Abstand der Lamellen. Durch die Bewegung des Laufrasters werden die Lamellen verwischt und somit auf der Aufnahme nicht sichtbar. Der Raster absorbiert bis zu 88% der Streustrahlung, allerdings auch bis zu 40% der Nutzstrahlung. Es muss also bei der Verwendung von Streustrahlenraster die Dosis erhöht werden. Die Dosiserhöhung konnte man durch den Einsatz von Verstärkerfolien wieder kompensieren.

12. Film-Folienkombination

In der Mammographie werden einseitig beschichtete Filme verwendet, um Bildunschärfen durch Cross-over-Effekte und Reflexionseffekte zu vermeiden. Auch wird auf die Rückfolie verzichtet. Charakteristisch für die Mammographiefilme sind steile Schwärzungskurven. Als Folien kommen feinzeichnende Seltene-Erden Folien mit der Empfindlichkeitsklasse 12 und 25 zur Anwendung. Die Filmformate sind 18 X 24 cm und 24 X 30 cm. Diese Film-Folienkombinationen gewährleisten die Darstellung von feinsten Strukturen in der Mamma.

Laut Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik muss der nutzbare optische Dichtebereich zwischen 1,2 und 1,6 sein. Dies gewährleistet, dass alle diagnosewichtigen Details im optimalen Schwärzungsbereich des Films dargestellt werden.

13. Belichtungsautomatik

Laut der Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik ist die Benutzung einer Belichtungsautomatik vorgeschrieben. Dabei muss die Position des Messfeldes der Belichtungsautomatik variabel einstellbar sein. Eine gute Anpassung an Dicke, Dichte und Röhrenspannung der Belichtungsautomatik muss gegeben sein. Die Messkammer ist bei der Mammographie im Gegensatz zu normalen Röntgengeräten hinter dem Film gelegen. Der Grund dafür ist, dass bei der weichen Strahlung jede Messkammer auf dem Film abgebildet werden würde. ...

Aufgabe der Belichtungsautomatik ist es, möglichst unabhängig von Brustdicke und –dichte eine mittlere optische Dichte von 1,2 – 1,6 (Vorgabe der Bundesärztekammer) zu erzielen. Die Belichtungsautomatik arbeitet mit einer Messkammer, die im Strahlengang unter der Kassette positioniert ist. Sie misst in einem repräsentativen Areal die Dosis hinter der Kassette. Ist die für die gewählte mittlere optische Filmdichte erforderliche Anschaltdosis erreicht, so schaltet die Automatik die Strahlung ab.

Die Position der Messkammer ist im Allgemeinen in 3 Stufen am Rastertisch einstellbar. Ein Lichtvisier erleichtert die Einstellung. Damit die Belichtungsautomatik optimal arbeiten kann, ist die Messkammer im vorderen Brustdrittel zu positionieren. Dabei sollte ein Sicherheitsabstand von 2 cm eingehalten werden, damit die Messkammer keine Luft misst. Ansonsten kann es zu Fehlbelichtungen kommen.

14. Generator

Für die Mammographie werden Hochfrequenz- bzw. Konvertergeneratoren verwendet. Sie erlauben minimale Schaltzeiten von 4ms und verursachen auch eine geringere Strahlenbelastung.

Nachfolgend die aufnahmetechnischen Qualitätsanforderungen der Bundesärztekammer für die Mammographie:

  • ⇒ Aufnahmeart: Spezialeinrichtung
  • ⇒ Aufnahmespannung: 25 – 35 kV bezogen auf Dicke und Dichte
  • ⇒ Wahl verschiedener Anodentarget- und Filterkombinationen in Abhängigkeit von Dicke und Dichte
  • ⇒ Brennflecknennwert: FFS ≤ 0,3, digital ≤ 0,4
  • ⇒ Fokus-Detektor-Abstand: ≥ 60 cm, bei Spezialeinrichtung ≥ 55 cm
  • ⇒ Kompression ≥ 10 kp
  • ⇒ Vergrößerungstechnik zur Klärung spezieller Fragestellungen (z.B. Mikrokalk)
  • ⇒ Belichtungsautomatik: Messfeldlage speziell einstellbar, gute Anpassung an Dicke, Dichte und Röhrenspannung.
  • ⇒ Mittlere optische Bruttodichte D= 1,2 bis 1,6 bei Film-Folien-System
  • ⇒ Expositionszeit: < 2 s
  • ⇒ Streustrahlenraster: bewegtes Spezialraster r 4, 27 L/cm; r 5, 30 L/cm
  • ⇒ Nenndosis: analog KN ≤ 100 μGy, digital werden Grenzwerte für die mittlere Parenchymdosis (DPD) in Abhängigkeit von der Kompressionsdicke der Brust festgelegt
  • ⇒ Bei Film-Folien-Radiographie separate Konstanzprüfung der Filmverarbeitung


Quellenangaben zur Artikel-Serie Mammographie

Literatur:

  • Becht, Bittner, Ohmstede et.al, Lehrbuch der röntgendiagnostischen Einstelltechnik, 6. Auflage, 2008, Springer Verlag, Heidelberg
  • Feldmann, Hilde, Digitale Mammographie 2, MTA-Dialog, Dezember 2007
  • Fellner, F.A. et.al, Mammakarzinom, Radiopraxis, 1/2008
  • Goretzki, Günter, Medizinische Strahlenkunde, 2. Auflage, 2004, Urban & Fischer Verlag, München
  • Heinz, Otte, Mammadiagnostik für MTRA und Ärzte, 1. Auflage, 2002, Springer Verlag, Berlin
  • Heywang-Köbrunner, Sylvia, Bildgebende Mammadiagnostik, 1. Auflage, 1996, Thieme Verlag, Stuttgart
  • Hoxter, Schenz, Röntgenaufnahmetechnik (Siemens), 14. Auflage, 1991, Siemens Aktiengesellschaft, Berlin und München
  • Kleeberg, Anja, Mammographie auf einem Blick, MTA-Dialog, Oktober 2008
  • Laubenberger, Technik der medizinischen Radiologie, 6. Auflage, 1994, Deutsche Ärzte-Verlag, Köln
  • Nowak, Hans-Peter, Kompendium der Röntgeneinstelltechnik, 2. Auflage, 2011, ixray GmbH, Rothenturm/Schweiz

Internet:


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