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Die Mammographie (Teil 1)

Karl-Heinz Szeifert 21 Apr, 2018 08:00

Einleitung, - Anatomie der weiblichen Brust, - Pathologische Veränderungen der weiblichen Brust.

Von der Anatomie der weiblichen Brust, pathologische Veränderungen, Mammographie-Gerätetechnik über Einstelltechniken bis hin zur digitalen Mammographie und der BI-RADS-Klassifikation, stellt die Autorinin ihrer Arbeit in anschaulicher und gut verständlicher Art und Weise das gesamte Spektrum der Mammographie dar.

Astrid Marquart ist Lehr-MTA an der Medizinisch-technischen-Akademie Esslingen und unterrichtet dort die Fächer Röntgendiagnostik, Röntgenanatomie und Nuklearmedizin.


Einleitung:

Das Mammakarzinom ist der häufigste bösartige Tumor der Frau. Der Tumor kann sich durch verschiedenste Symptome bemerkbar machen, in den meisten Fällen ist er jedoch asymptomatisch. Daher kommt der bildgebenden Diagnostik in diesem Fall eine entscheidende Bedeutung zu.

Die Standardverfahren sind nach wie vor die Mammografie und Sonografie, wobei beide Verfahren auch zur Biopsie bzw. präoperativen Herdmarkierung eingesetzt werden. Zudem zeichnet sich nach neuesten Erkenntnissen eine wieder zunehmende Bedeutung der MR-Mammografie ab.

Die Einstelltechnik in der Mammografie stellt hohe Ansprüche an das Personal, da einstelltechnische Fehler im Gegensatz zu anderen Röntgenuntersuchungen nicht sofort als solche erkannt werden.


Kapitel 1. Anatomie der weiblichen Brust

Die weibliche Brust (lat. Mamma) setzt sich zusammen aus 1. Drüsengewebe (Glandula mammaria) und 2. Stroma (Fett- und Bindegewebe)

Abb. 1 -Anatomie der weiblichen Brust

Die Brust liegt in Höhe der 3. – 6. Rippe über dem großen Brustmuskel, dem M. pectoralis major, teilweise auch dem M. serratus anterior. Weibliche Brüste haben die unterschiedlichsten Größen und Formen, abhängig von genetischen Faktoren sowie dem Anteil von Binde- und Fettgewebe.

Durch hormonelle Schwankungen während des Menstruationszykluses oder durch Veränderungen des Hormonstatus kann es zu Veränderungen von Form und Größe kommen. Eine Brust weist 10–20 Lobi (Einzeldrüsen) auf, die partiell durch Bindegewebe voneinander separiert werden, in welches Fettgewebe eingelagert ist. Mit 80% machen Fett- und Bindegewebe den mit Abstand größten Teil am Volumen der Brust aus. Straffe Faserbündel (Ligg. suspensoria mammaria) ziehen vom Stroma zur Haut und zur Fascia pectoralis.

Wichtige histologische Bestandteile sind: Lobulus glandulae mammariae, Drüsenepithel, Muskelepithelzellen, Ductus terminalis, Ductus lactifer, Terminalductus-Lobulus-Einheit (TDLE), Lobus glanduale mammaria und Ductus lactifer colligens. (Abb. 1)

Abb. 2 - Histologie des Drüsenläppchens

Die kleinste Einheit der Brustdrüse ist das sogenannte Drüsenläppchen (Lobulus glandulae mammariae). (Abb. 2)

Dieses Drüsenläppchen ist ein sackförmiges Gebilde, das zum größten Teil aus einem Lumen besteht, in welches die Drüsenzellen ihre Milch sezernieren. Das Lumen ist umgeben von einer Hülle aus Drüsenepithel und Muskelepithelzellen (Myoepithelzellen), die die Milch aus dem Lobulus pressen. Über einen gemeinsamen Ausführungsgang (Ductus terminalis) wird die Milch in einen Sammelgang (Ductus lactifer) weitergeleitet, in den mehrere Lobuli münden. Ein Lobulus und sein Ductus terminalis werden zusammen als Terminalductus- Lobulus-Einheit (TDLE) bezeichnet.

Die TDLE ist die histologische und sekretorische Funktionseinheit der Brustdrüse. Eine Kollagenschicht umgibt den Lobulus auf seiner Außenseite. Diese Einheit ist von großer Bedeutung, da sie der Entstehungsort für die meisten Tumoren der Brust ist.

Mehrere Lobuli ergeben zusammen ein traubenförmiges Gebilde, das als Lobus (Drüsenlappen) bezeichnet wird: Lobus glandulae mammariae. Dieser Lobus ist die nächstgrößere Einheit der Brust.

Aus dem Lobus fließt dann die Milch über einen großen Milchgang weiter. Dieser wird als Ductus lactifer colligens bezeichnet. Jeder Ductus lactifer colligens mündet in die Brustwarze. Insgesamt weist die Brust ca. 10–20 Lobi auf, welche sich zusammen mit ihren großen Milchgängen sternförmig um die Brustwarze gruppieren.

Die Brust enthält außerdem Blutgefäße, die von der Achselhöhle und vom Brustbein ausgehen.

Abb. 3

Weiterhin durchziehen Lymphbahnen (Abb. 3) die Brust. Diejenigen Lymphknoten, die den größten Teil der Lymphe aus der Brust ableiten, befinden sich unter den Armen in den Achseln. Wegen ihrer Lage werden sie als axilliäre Lymphknoten bezeichnet. Sie spielen bei der Krebsausbreitung eine wichtige Rolle.

Tumorzellen, die von einem bösartigen Brusttumor stammen, streuen zunächst in diese lokalen Lymphknoten. Danach können sich Krebszellen im ganzen Körper ausbreiten und an anderen Stellen (Knochen, Leber, Lunge, Gehirn) Tochtergeschwülste (Metastasen) bilden.


Kapitel 2 Pathologische Veränderungen der weiblichen Brust.

2.1 Gutartige Veränderungen

Zu den gutartigen Veränderungen der weiblichen Brust zählen u.a.

  • A. Mastopathie
  • B. Mastitis
  • C. Zysten
  • D. gutartige Tumoren

A. Mastopathie

Mastopathie

Bei der Mastopathie handelt es sich um eine gesteigerte Umbaureaktion des Mammaparenchymes. Betroffen ist etwa die Hälfte aller Frauen zwischen dem 35. und 55. Lebensjahr.

In den Fällen ohne Hyperplasie (ca. 70%) spricht man von nicht proliferierenden Mastopathien. Diese haben kein erhöhtes Karzinomrisiko.

In knapp 1/3 der Fälle kann es zu lobulären und duktalen Hyperplasien des Epithels kommen: proliferierende oder hyperplastische Mastopathien. Letztere haben ein erhöhtes Karzinomrisiko. Dabei sind 2 Formen zu unterscheiden:

  • proliferative Mastopathien ohne Zellatypien (ca. 25%) mit gering (1,5- bis 2-fach) erhöhtem Risiko,
  • proliferative Mastopathien mit Zellatypien (4–5%) mit 5-fach erhöhtem Risiko.

B. Mastitis

Infektion der Mamma, teils interstitielle, teils duktale Ausbreitung

  • Klinik: klassische Trias → Überwärmung, Rötung, Schmerzen
  • Puerperale Mastitis (während der Schwangerschaft)
  • Nonpuerperale Mastitis (außerhalb der Schwangerschaft).

C. Zysten

Zyste mit entzündlicher Wandverdichtung

Eine Zyste ist ein Drüsenläppchen, dessen Ausführungsgang verschlossen ist. Da auch ausserhalb der Schwangerschaft immer ein wenig Flüssigkeit in den Drüsen gebildet wird sammelt sich diese im Läppchen, wenn sie nicht abfließen kann. Häufig sind sie auch im Rahmen mastopathischer Veränderungen zu finden. Bei den Zysten sind folgende Typen zu unterscheiden:

  • Einfache Zysten: Einfache Zysten sind gutartige Veränderungen ohne erhöhtes Karzinomrisiko.
  • Komplizierte Zysten: Hierbei handelt es sich um eine Gruppe verschiedener Läsionen. Letztlich sind es Zysten, die durch Einblutungen, Entzündungen oder tumoröse Veränderungen in ihrer Umgebung kompliziert werden.

D. Gutartige Tumoren

  • Fibroadenom mit typischen Verkalkungen

    Hamartome: sind meist nicht tastbar und werden oft als Zufallsbefund in der Mammografie entdeckt. Für ihre Diagnose ist die Mammografie die Methode der Wahl. In unsicheren Fällen ist eine histologische Klärung (sonografische Stanzbiopsie oder Exzisionsbiopsie) erforderlich.
  • Fibroepitheliale Mischtumoren: Zu den fibroepithelialen Mischtumoren gehören das Fibroadenom, das Adenofibrom und das juvenile oder Riesenfibroadenom. Das Fibroadenom ist der mit Abstand häufigste gutartige Tumor der Mamma. Er tritt in jeder Altersgruppe, vor allem aber bei jungen Frauen auf. Das Fibroadenom muss diagnostisch von anderen Tumoren differenziert werden, da die folgenden Läsionen ähnlich sein können: Karzinome, Lymphome, Sarkome und Metastasen.
  • Papillom: benigne, epitheliale Zellwucherungen, wachsen innerhalb der Milchgänge → darstellbar mit Galaktographie.
    Papilom (intraduktale Raumforderung)
    Je nach Anzahl eine oder mehrere rundliche oder ovaläre und glatt begrenzte KM-Aussparungen oder Abbrüche → Galaktographieumfließungsfigur. Klinisch fallen sie gehäuft durch eine pathologische Sekretion auf. Mammographisch glatt begrenzt, eventuell grobe Verkalkungen, meist nahe der Mamille gelegen.
  • Lipom: umschriebene Ansammlung von Fettgewebszellen mit sehr zarter Kapsel. Glatte, kapselartige Begrenzung und fettisodens in der Mammographie.

2.2 Bösartige Veränderungen

Apfelsinenhaut Rötung und Einziehung der Mamille

Symptome:

Folgende Veränderungen können beim Mammakarzinom auftreten:

  • neu aufgetretener, tastbarer Knoten,
  • (im Seitenvergleich) neu aufgetretene Umriss- oder Größenveränderungen einer Brust,
  • Verdickung einer Brust,
  • Hauteinziehungen oder Apfelsinenhaut (inflammatorisches Karzinom)
  • Einziehung der Brustwarze
  • Hautveränderungen an der Brustwarze
  • Absonderungen aus der Brustwarze,
  • blutige Sekretion aus der Brustwarze,
  • tastbarer Knoten in der Achselhöhle,
  • neu aufgetretene Konfigurationsveränderungen einer Brust beim Heben der Arme,
  • plötzlich auftretende Rötung einer Brust.

Großes invasives Karzinom

Klassifikation

Mammakarzinome werden in nicht invasive (Carcinoma in situ) und invasive Karzinome differenziert und gemäß ihres Ursprungsortes benannt. Bei seltenen Karzinomen wird nach Ausbreitungsart oder Bindegewebsgehalt des Karzinoms benannt.

Grading

Das sog. Grading sagt etwas über die Bösartigkeit des Tumors aus. Dabei werden die Faktoren Tubulusbildung (Strukturveränderung der Zellen), Kernpolymorphie und Mitoserate berücksichtigt.

Je höher das Grading, umso maligner ist der Tumor:

G1 = gut differenziert, G2 = mäßig differenziert, G3 = schlecht differenziert.

Rezeptorstatus

Für die Therapie hat auch der Rezeptorstatus Bedeutung.Der IRS ergibt sich aus der Einfärbung der Zellen, multipliziert mit dem Anteil positiver Zellen.Dieser Rezeptorstatus wird über Immunoassays festgestellt. Der Tumor wird dabei auf das Vorhandensein von Östrogen- und/oder Progesteronrezeptoren untersucht und mit dem immunreaktiven Score (IRS) angegeben.

Ein weiterer Rezeptor, der bestimmt wird, ist der HER2/neu-Rezeptor. Dabei wird eruiert, ob der Tumor auf eine Herceptin-Therapie ansprechen würde.

Zentrales Karzinom in der rechten Brust. Zustand (links) vor und (rechts) nach Resektion und Reduktionsplastik bds Lokal fortgeschrittenes Mamma-Karzinom. Oben prä- und unten post-operativ


Quellenangaben zur Artikel-Serie Mammographie

Literatur:

  • Becht, Bittner, Ohmstede et.al, Lehrbuch der röntgendiagnostischen Einstelltechnik, 6. Auflage, 2008, Springer Verlag, Heidelberg
  • Feldmann, Hilde, Digitale Mammographie 2, MTA-Dialog, Dezember 2007
  • Fellner, F.A. et.al, Mammakarzinom, Radiopraxis, 1/2008
  • Goretzki, Günter, Medizinische Strahlenkunde, 2. Auflage, 2004, Urban & Fischer Verlag, München
  • Heinz, Otte, Mammadiagnostik für MTRA und Ärzte, 1. Auflage, 2002, Springer Verlag, Berlin
  • Heywang-Köbrunner, Sylvia, Bildgebende Mammadiagnostik, 1. Auflage, 1996, Thieme Verlag, Stuttgart
  • Hoxter, Schenz, Röntgenaufnahmetechnik (Siemens), 14. Auflage, 1991, Siemens Aktiengesellschaft, Berlin und München
  • Kleeberg, Anja, Mammographie auf einem Blick, MTA-Dialog, Oktober 2008
  • Laubenberger, Technik der medizinischen Radiologie, 6. Auflage, 1994, Deutsche Ärzte-Verlag, Köln
  • Nowak, Hans-Peter, Kompendium der Röntgeneinstelltechnik, 2. Auflage, 2011, ixray GmbH, Rothenturm/Schweiz

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