Update!
Unerkannte Überexpositionen beim digitalen Röntgen
Die Etablierung digitaler Röntgenverfahren hat zu einem veränderten Umgang mit der Strahlendosis geführt. Dieser Umgang ist noch verbesserungswürdig.
Hersteller, Arztpraxen und Krankenhäuser werben heute häufig mit dem niedrigeren Dosisbedarf ihrer neuen digitalen Röntgenanlagen. Aber ist das auch wirklich immer so der Fall?
In Zeiten der analogen Röntgentechnik war das relativ klar. Überbelichtete Aufnahmen waren zu dunkel - unterbelichtete Aufnahmen waren zu hell. Man musste exakt auf die vorgegebene Film-Folien-Empfindlichkeit belichten, um ein brauchbares Röntgenbild zu erhalten. War das nicht der Fall, wusste jeder sofort, dass mit der Aufnahme etwas schief gelaufen war. War die Belichtungsautomatik defekt musste man das Röntgen einstellen oder alles frei belichten. Insofern war das ein sich selbst regulierendes System.
Digital ist das anders. Selbst stark überbelichtete Aufnahmen, wie sie entstehen können, wenn die Grenzwertabschaltung bei defekter Belichtungsautomatig einspringt, sind brauchbar und oft noch von bester Qualität. Unterbelichtete Aufnahmen bekommen dagegen zunehmend ein Rauschen.
Folglich ist es auch mit dieser fortgeschrittener Technik nicht immer gewährleistet, dass man für ein und dieselbe Röntgen-Untersuchung mit mehr oder weniger derselben Dosis rechnen kann. Während man bei einem Arzneimittel im Großen und Ganzen davon ausgehen kann, dass man beim niedergelassenen Arzt oder im Krankenhaus gleich behandelt wird, kann man das vom Röntgen und der damit verbundenen Strahlendosis leider nicht behaupten. Niemand kann garantieren, dass man bei derselben Fragestellung dieselbe Dosis abbekommt." In Wirklichkeit wird völlig uneinheitlich gearbeitet.
Verantwortlich für die richtige Dosierung ist letztlich meistens der, bzw. die MTRA. Gerade bei der digitalen Technik hat sie/er hier viele Moglichkeiten, die Dosis an die Fragestellung anzupassen und kann so in vielen Fällen Aufnahmen mit geringerer Dosis anfertigen. Vorausgesetzt MTRA kennt die Fragestellung, was leider nicht immer der Fall ist! Unverantwortlich ist dagegen die Auffassung beim digitalen Röntgen eher etwas mehr Dosis zu geben - "denn zu dunkle Aufnahmen gibt es ja quasi nicht mehr - und zu wenig Dosis führt zu einem starken Bildrauschen und dadurch qualitativ schlechterem Bild.
Der Übergang zum digitalen Röntgen hat zu einem "Dose Creep', einer schleichenden Zunahme der Strahlendosis geführt. Das wurde schon 1993 beschrieben. An potenziellen Ursachen für den Dose Creep kommen ganz unterschiedliche Faktoren in Frage:
- Fehlendes Verständnis des Gebrauchs des digitalen Geräts
- Das Vermögen der digitalen Technik, auch aus überbelichteten Aufnahmen noch gute Bilder zu machen
- Unkenntnis der Bedeutung von Dosisindikatoren
- Desinteresse für die Gesundheit des Patienten
- Wiederholte Beschwerden des Radiologen über verrauschte Bilder.
In solchen Fällen kann und muss mit geeigneten Schulungen Abhilfe geschaffen werden und wenn das nicht hilft müssen eventuell sogar disziplinarische Maßnahmen eingeleitet werden. Auch die Kommunikation zwischen Arzt, der die rechtfertigende Indikation stellt und der/dem technisch durchführenden MTAR sind da natürlich sehr hilfreich. Nur so kann MTRA eine fragestellungsabhängige Dosierung wählen und so dem in der RöV geforderten ALARA-Prinzip gerecht werden. Denn so manche Fragestellung kann auch mit einem dosisreduziertem, aber dafür etwas rauschigerem Bild beantwortet werden.
Der Dosisindikator bietet hier sowohl MTRA als auch dem Radiologen Hilfestellung dabei, die Dosierung einer bestimmten Untersuchung einzuschätzen. Die Dosisindikatoren sind bei uns leider nicht standardisiert - sowohl Bezeichnung als auch die Größenordnung der Werte sind von Hersteller zu Hersteller different. Aber immerhin geben sie einen Hinweis darauf, ob die Dosis zu hoch oder zu niedrig gewesen sein könnte. Verantwortlich für den Fall, dass der Dosisindikator Werte außerhalb der Standardwerte etablierter Protokolle anzeigt, ist letztendlich immer der anwendende Arzt, der die rechtfertigende Indikation stellt.
Deshalb sollte der Dosisindikator im DICOM-Header sichtbar am Befundungsmonitor angezeigt werden. "Wenn man also glauben sollte, es kriegt ja keiner raus, dass die Dosis ein bisschen zu hoch war, dann irrt man sich: Wenn es darauf ankommt, wird man es rausbekommen."
Auch die falsche Menüauswahl hat direkten Einfluss nicht nur auf die Qualität der Bilder, sondern auch auf die Dosis. Auch diese Daten sind im DICOM gespeichert und könnten im Falle falsch gewählter Einstellungen auch rechtliche Folgen haben.
Kommentieren
Kommentare
Danke für diesen gut und verständlich geschrieben Beitrag zu diesem Thema. Wer lehrend oder beratend in Strahlenschutzthemen unterwegs ist, wird genau diese Fragestellungen kennen. Das ist genau die Gefahr, auf die wir in unseren Kursen aufmerksam machen:alles ist anwenderfreundlicher gestaltelt, alles geschieht mit einer einfachen Programmanwahl automatisch, wenige Kollegen hinterfragen noch irgendwelche Einstellparameter, fehlende Filmformate verleiten zum großflächigeren Aufblenden, CTs erstellen in Sekunden tausende schöne Millimeter-Bildchen........Bitte trotz aller Annehmlichkeiten der Digitalisierung den Strahlenschutz nicht vergessen!Jenny Kloska