Basiswissen:

Alles über das Streustrahlenraster

Karl-Heinz Szeifert 14 Aug, 2018 00:00

Ein Streustrahlenraster ist eine Vorrichtung in der Röntgentechnik, die vor dem Bildempfänger (Bildschirm, Detektor oder Film) angebracht ist und den Einfall von Streustrahlung auf diesem reduziert. Dadurch wird der Kontrast des Röntgenbildes erhöht.

Das erste Streustrahlenraster wurde 1913 von Gustav Peter Bucky entwickelt. Der US-amerikanische Radiologe Hollis E. Potter (1880–1964) verbesserte und ergänzte es 1917 um eine Bewegungseinrichtung.

Streustrahlen entstehen überwiegend durch Streuung der Röntgenstrahlen im durchleuchteten Objekt. Die das Bild erzeugende Strahlung ist direkt von der Röntgenröhre auf den Bildträger gerichtet, die Streustrahlung hat jedoch davon abweichende Richtungen. Streustrahlung verursacht eine relativ gleichmäßige Dosisverteilung am Detektor. Der relative Anteil der Streustrahlung steigt stark mit zunehmender Objektdicke und nimmt ab mit höherer Energie der Röntgenstrahlung d. h. steigender Röntgenröhrenspannung.

Die im Patienten erzeugte Streustrahlung führt zu kontrastarmen, verrauschten Bildern, die ohne Zusatzmaßnahmen diagnostisch nicht auswertbar sind. Sie trägt zwar zur Filmschwärzung mit bei, ist aber weitgehend unerwünscht, da sie wie ein Schleier über dem Primärstrahlenbild liegt.

Je dicker die durchstrahlte Masse und je größer das Bildfeld, desto größer ist der Streustrahlenanteil.

Die Folge hoher Streustrahlenanteile ist ein erheblicher Kontrastverlust, bzw. Grauschleier („Nebel“), der so groß sein kann, dass geringe Schwächungsunterschiede im Objekt nicht mehr im Röntgenbild zu erkennen sind.

Bei einer Feldgröße von 700 cm² ,d.h. einem Format von 24 cm * 30 cm und einer Objektdicke von 20 cm sind mehr als 80% der auf die Kassette fallende Strahlung, Streustrahlung, d.h. nur etwa 20 % der einfallenden Strahlung tragen zum Bildaufbau bei.

Als weiteres zeigen die Kurven, welchen Einfluss die Größe des eingeblendeten Feldes auf den Streustrahlenanteil hat. Bis zu einer Feldgröße von 200 cm² steigt der Streustrahlenanteil rapide an, danach ist nur noch eine geringe Zunahme zu erkennen.

Die Bildqualität kann man verbessern, indem man das durchstrahlte Volumen möglichst klein hält, z.B. durch Einblendung und oder Kompression. Diese Maßnahme allein reicht nicht aus, um den Anteil an Bild verschlechternder Streustrahlung in erträglichen Grenzen zu halten. Das ist nur mit Hilfe eines Streustrahlenrasters möglich, im folgendem kurz „Raster“ genannt.

Das Raster ist wie eine Lamellenjalousie aus schmalen Streifen von stark absorbierendem Material (meist Bleifolie) und durchlässigeren Abstandhaltern (meist Spacern aus Aluminium oder Zellulose) aufgebaut.

Die Streifen stehen parallel zur Strahlung. Die erwünschte gerichtete Strahlung kann die Spacerstreifen durchdringen, Streustrahlung bleibt in den Bleistreifen hängen.

Die Rasterfrequenz (Anzahl der Bleilamellen pro cm) liegt bei 20-80.

Höhere Frequenzen vermindern die Streuung, erhöhen aber die notwendige Strahlenexposition des Patienten.

Das Schachtverhältnis ist das Verhältnis von Spaltbreite zu -höhe im Raster, meist um 1:10, niedriger bei mobilen Rastern und in der Pädiatrie. Höhere Schachtverhältnisse bedingen ebenfalls bessere Bildqualität, aber erhöhte Patientenbelastung.

Raster können aus (auf die Röntgenröhre fokussierten) unterschiedlich geneigten Streifen oder parallelen Streifen aufgebaut sein.

Fokussierte Raster eignen sich nur für den Abstand zwischen Röhre und Raster, für den sie konzipiert wurden, z. B. 100 cm. Parallele Raster hingegen haben bei geringem Abstand zur Röhre zum Rand hin Abschattungen und eignen sich nur für größere Fokusabstände. Um Streustrahlen in beiden Dimensionen zu reduzieren, werden zwei Raster im rechten Winkel benötigt, ein Wabenraster oder anderes zweidimensionales Raster.

Raster können als Standraster oder als Laufraster verwendet werden. Laufraster wurden während der Belichtung bewegt, damit in jedem Fall eine Abbildung der Rasterstreifen auf dem Bildempfänger ( Film ) vermieden wurde. Der Raster befindet sich immer zwischen Objekt und Kassette. Vor der Belichtung wir das Raster dabei aus der Federvorspannung entlassen und pendelt dann während der Aufnahme hin und her (Pendelraster), oder der Linearmotor startet die Bewegung vor der Aufnahme; läuft das Raster nicht schnell genug oder "klemmt" es an den Umkehrpunkten, kommt es zur Abbildung von Streifen des Rasters auf dem Bild. Durch leichten Federzug in einer Richtung am Raster wird versucht, das immer vorhandene Spiel der Spindel im Linearmotor am Umkehrpunkt zu minimieren. Das Spiel der Spindel im Linearmotor kann auch minimiert werden, indem ein Fett (Radlagerfett) eingefüllt wird in den Linearmotor; damit geht das Spiel gegen null und die allfällige Abnutzung der Spindel ist maximal reduziert.

Raster bestehen aus Absorber-Lamellen der Dicke d und der Höhe h, die in regelmäßigen Abständen D nebeneinander angeordnet sind. (Siehe Abb. re)

Zwischen den Absorber-Lamellen befindet sich ein schwach absorbierender Stoff, das Schachtmedium, das kann Papier, Kunststoff oder Aluminium sein.

Das Lamellen Material ist meist Blei kann aber auch Wolfram sein. Die Abdeckung besteht aus Aluminium oder Kohlefaser mit Kunststoff.

Wirkungsweise der Raster:

Durch das Streustrahlenraster gelangen im Wesentlichen nur die genau in Längsachse der Rasterschächte und somit direkt vom Fokus ankommenden Quanten. Alle anderen werden weitgehend von den Bleilamellen absorbiert.

Für unterschiedliche Aufnahmebedingungen gibt es verschiedene Ausführungsformen von Rastern. Diese lassen sich aufteilen:

  • in Parallelraster
  • in fokussierte Raster.

Ein Parallelraster ist ein Raster, dessen Lamellenebenen parallel sind. Parallel-Raster finden dort Verwendung, wo die Aufnahmetechnik (Krankenbett, Unfallstation) die hohen Anforderungen, welche fokussierte Raster an Zentrierung und Fokussierung stellen, nicht erfüllen kann.

Parallel-Raster sind üblicherweise nach dem Prinzip des „prismatischen Querschnitts“ gefertigt, wobei die Rasterlamellenhöhe von der Mitte des Rasters ausgehend zu den Rasterkanten hin, welche parallel zu den Lamellen verlaufen, abnimmt.

Aufbau eines Parallelrasters

Dieser Vorzug kommt besonders bei großen Filmformaten und kleinen Fokus-Film-Abständen zur Geltung. Damit wird einer Absorption der Primärstrahlung in den Randbereichen weitgehend Einhalt geboten. Bei den Parallel-Rasterkassetten mit Raster handelt es sich um Bleiraster mit dem Zwischenmedium Aluminium. Anwendbar sind Parallel-Rasterkassetten in einem Fokussierungsbereich von 95 cm bis unendlich.

Fokussiertes Raster

Ein fokussiertes Raster, ist ein Raster, bei dem sich die Ebenen der Rasterlamellen in einer Geraden im Fokussierungsabstand fo von der Rasterebene schneiden. Fokussierte Raster stellen hohe Ansprüche an Zentrierung und Fokussierung. Sie bieten dafür ein Optimum an Streustrahlenabsorption bei gleichzeitig maximaler Primärstrahlendurchlässigkeit.
Der fokussierte Raster ist ein plan ausgebildeter Raster, bei welchem die Rasterlamellen entsprechend dem gewünschten Fokussierungsabstand ausgerichtet sind. Am meisten benutzt werden die fokussierten Raster.
Standardfokussierungen liegen zwischen 105 cm bis 180 cm

Kreuzraster ist ein Raster, der aus zwei übereinander gelegten, gekreuzten Linienrastern hergestellt werden. Diese finden kaum Anwendung, da der Kontrastgewinn gegenüber einem Linienraster nicht den wesentlich höheren Dosisbedarf rechtfertigt.

Kenngrößen für Streustrahlenraster:

Wichtige Kenngrößen für Röntgen-Streustrahlenraster sind in der Europäischen Union in der Norm DIN EN 60627 festgelegt.

1. Geometrische Kenngrößen

Anzahl der Lamellen: Je cm N werden auch Linienzahl (Liniendichte) genannt: N = 1 / ( d + D) pro cm

Linienzahl: Sie liegt standardmäßig um 40 Linien pro cm, geht aber für digitale Anlagen bereits bis 80 Linien pro cm!

Schachtverhältnis: r ist das Verhältnis von Lamellenhöhe zu Lamellenabstand: r = h / D - gängige Schachverhältnisse sind 6, 8, 10, 12.

Der Fokussierungsabstand: fo ist der Abstand der Schnittgeraden der Lamellenebenen von der Rasterebene, z. B. fo = 115 d.h. der Raster – Fokus – Abstand beträgt 115 cm Bei Parallelrastern fo = ∞ (unendlich)

Die Fokus – Raster – Abstandsgrenzen: f1, f2 sind die minimalen ( f1 ) und maximalen ( f2 ) zulässigen Fokus – Raster – Abstände bei einer Abnahme der Primärstrahlentransparenz am Rasterrand von 40%

Li. richtig und re. falsch fokissierte Röhre

Defokussierung:

Defokussierte Aufnahme

Anmerkung: Als defokussiert bezeichnet man die Lage eines Rasters, wenn der Abstand f zwischen dem Fokus und der Rasterebene nicht gleich dem Fokussierungsabstand fo ist ( f ≠ fo )

Richtig fokussiert(links) werden die Lamellen richtig nur als schmale Streifen abgebildet, während rechts die Lamellen zu immer breiteren Schatten werden von der Rastermitte nach außen gesehen.

Da bei einem Laufraster die Lamellen aber nicht zur Abbildung kommen, wirkt sich diese Verschattung bei Defokussierung zu einer Unterbelichtung der Aufnahme zum Rand hin aus.

Dasselbe vollzieht sich im Prinzip auch bei einer Vergrößerung des Fokus – Raster – Abstandes, allerdings kommt es hier aufgrund des geänderten Einfallwinkels der Strahlung nicht im selben Maß zur Abschattung. Selbstverständlich ist die Verschattung auch vom Schachtverhältnis des Rasters abhängig. Je höher das Schachtverhältnis desto mehr tritt dieser Effekt auf.

Dezentrierung:

Dezentrierte Aufnahme

Als dezentriert bezeichnet man die Lage eines Rasters, wenn sich der Fokus außerhalb der Ebene der zur Rasterebene senkrechten Lamelle befindet. Auch hier tritt ein Verlust von Primärstrahlung auf, der sich aber homogen über die gesamte Aufnahme auswirkt, d.h. man braucht für eine richtig belichtete Aufnahme in diesem Fall mehr Dosis. Treffen Dezentrierung und Defokussierung zusammen, dann kommt es zu einer asymmetrischen Abschattung.

2. Physikalische Kenngrößen

Primärstrahlentransparenz Tp: Ist das Verhältnis der Messwerte eines Leuchtstoff-Strahlenmessgerätes für die Primärstrahlung mit Raster I´p und für Primärstrahlung ohne Raster Ip: - Tp = I´p / Ip

StreustrahlentransparenzTs: Ist das Verhältnis der Messwerte eines Strahlungsmessgerätes für die Streustrahlung mit Raster I´s und für die Streustrahlung ohne Raster Is: - Ts = I´s / Is

Selektivität Σ: Die Selektivität ist eine Maßzahl für die kontrastverbessernde Wirkung eines Rasters. Sie ist das Verhältnis von Primärstrahlentransparenz Tp zur Streustrahlentransparenz Ts: - Σ = Tp / Ts

Die kontrastverbessernde Wirkung eines Streustrahlenrasters kann an dessen Selektivität (= Quotient aus Primärstrahldurchlässigkeit und Streustrahlendurchlässigkeit: Σ = Tp / Ts ) abgelesen werden.

Der Belichtungszeitverlängerungsfaktor gibt an, um welches Maß die Belichtungszeit erhöht werden muss, um mit Raster die gleiche Schwärzung zu erzielen wie ohne Raster. Er erlaubt eine Berechnung der durch das Raster erhöhten Strahlendosis. Dieser liegt typischerweise mit Raster beim 3 bis 5-fachen der Dosis gegenüber Aufnahmen ohne Raster.

Die verbindliche Leitlinie der Bundesärztekammer schreibt vor, dass bewegte Streustrahlenraster mindestens 36 Linien/cm und stehende Raster mindestens 60 Linien/cm haben. Die optimalen Schachtverhältnisse sind untersuchungsabhängig.

Wenn am Gerät auch Kinder untersucht werden, muss das Raster leicht entfernbar sein. Kinder sollten nur ausnahmsweise mit Streustrahlenrastern untersucht werden, wenn das untersuchte Körperteil über 12–15 cm dick ist und das Schachtverhältnis höchstens 8, bei Festrastern 15–17 beträgt.

Rasterartefakte

Früher konnte man nicht genügend feine Raster (Linien/cm) bauen, sodass sich entweder die Rasterstreifen auf dem Film abbildeten, bzw. man die Raster während der Aufnahme bewegte. Heute geht der Trend zu immer feineren Rastern, zu Viellinienrastern, die dann auch bei sehr gut auflösenden Bildempfängern nicht mehr bewegt werden müssen.

Rasterprodukte

Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Rastern, die auf den jeweiligen Verwendungszweck wie Format und Form, FFA, Bildempfänger oder Objektdicke und damit Grad der nötigen Streustrahlenunterdrückung abgestimmt sind.

Bei pädiatrischen Anlagen ist die Herausnehmbarkeit der Raster gefordert.

Folgende Angaben müssen auf einem Raster „zu lesen“ sein:

  • Röhrenzeichen
  • Mittelstrich
  • Lamellenmaterial
  • Schachtverhältnis
  • Linienzahl pro cm
  • Fokussierung

So bedeuted z.B.: Pb 8/40 fo115:

  • Lamellenmaterial: Blei
  • Schachtverhältnis: 8
  • 40 Linien pro cm
  • fokussiert auf 115 cm

Quellen:

Kommentieren