Zum Tod des KGB-Agenten Litwinenko
Der Polonium-Mord
Am 1.November 2006 erkrankte der russische Dissident und frühere KGB- und FSB-Agent Alexander Walterowitsch Litwinenko. Er ließ sich mit Vergiftungserscheinungen in ein Krankenhaus einweisen. In den folgenden Tagen verschlechterte sich sein Zustand rasant.
Litwinenko starb vor 12 Jahren am 23. November 2006 um 21:21 Uhr Ortszeit an den Folgen der durch Polonium verursachten Strahlenkrankheit.
Die Mediziner gingen zuerst davon aus, dass Thallium für den körperlichen Verfall Litwinenkos gesorgt hatte. Erst wenige Stunden vor dem Ableben fand man große Mengen der radioaktiven Substanz Polonium-210 im Urin.
Litwinenko wurde Anfang Dezember auf dem Londoner Highgate-Friedhof in einem strahlensicheren Sarg beigesetzt. Bei einer Entscheidung für eine Einäscherung hätte die Familie angeblich 22 Jahre darauf warten müssen bis die Strahlung weit genug abgeklungen sei.
Das Isotop Polonium-210 wurde wohl deshalb für den Mord verwendet weil es zu den stärksten Quellen von Alphastrahlung gehört. Alpha-Strahlen reichen jedoch nicht sehr weit. Polonium 210 kann man sogar anfassen weil die Strahlung nicht durch die Haut geht. Erst wenn es verschluckt oder inhaliert wird, kann es seine zerstörerische Kraft entfalten.
Litwinenko machte zuvor eine Reihe von Anschuldigungen öffentlich, die seine früheren Geheimdienstkollegen von KGB und FSB und den früheren FSB-Chef Wladimir Putin belasten oder diskreditieren. Diese Behauptungen konnten bislang von unabhängigen Medien weder bestätigt noch widerlegt werden.
Nach bisherigen Erkenntnissen wurde Litwinenko am 1. November 2006 in der Bar des Millennium Hotel mit Polonium-haltigem Tee vergiftet. Hier traf er sich mit den russischen Geschäftsmännern (und früheren KGB-Mitarbeitern) Andrei Lugowoi und Dmitri Kowtun. Möglicherweise war noch eine weitere Person namens "Wladislaw" involviert; diese steht im Verdacht, den kontaminierten Tee zubereitet und Litwinenko übergeben zu haben. Nach dem Treffen im Millennium Hotel war Litwinenko mit Mario Scaramella zum Mittagessen in einer Sushi-Bar verabredet. Und anschließend traf er sich mit dem tschetschenischen Rebellensprecher Achmed Sakajew.
Im Visier von Scotland Yard steht insbesondere Lugowoi. Lugowoi hat sich in den Monaten vor Litwinenkos rätselhaftem Tod mehrfach geschäftlich mit diesem getroffen, zuletzt am 1. November 2006, dem Tag, an dem Litwinenko erste Anzeichen der später zu seinem Tod führenden Vergiftung zeigte. Spuren von Polonium-210 fanden sich an vielen Orten, an denen sich Lugowoi seit seiner letzten Anreise nach London am 16. Oktober aufhielt. Von Seiten der britischen Generalstaatsanwaltschaft wird Lugowoi seit 22. Mai 2007 offiziell des Mordes an Litwinenko beschuldigt. Lugowoi streitet die Täterschaft und jede Beteiligung daran jedoch ab.
Aber auch Kowtun ist nicht unverdächtig, ließen sich doch Polonium-Spuren bei seinen Verwandten in Deutschland nachweisen. Nachforschungen durch britische und deutsche Behörden ergaben, dass Dimitri Kowtun Polonium 210 von Moskau über Hamburg nach London gebracht hatte. In Hamburg kontaminierte er damit seine geschiedene Frau, ihre Wohnung in der er übernachtete iund seine Kinder. Frau und Kinder wurden in einer Hamburger Kilinik isoliert, um Spuren von Polonium 210 nachzuweisen.
Der Beweis, dass Kowtun das Polonium nach London gebracht hatte, wurde im Einwohnermeldeamt erbracht. Er hatte einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung gestellt: Auf dem Antragsformular fanden sich nebst seiner Unterschrift auch Spuren von Polonium 210. Auserdem wurde das Radionuklid auch auf Kowtuns Sitzplätzen der Flugzeuge gefunden, mit denen er nach London gereist war.
Der Nachweis von Polonium 210 ist extrem schwierig, er muss mittels direkter Alphadosimetrie geführt werden, da die Gammastrahlung, die dieses Nuklid aussendet, so schwach ist, dass sie für einen Nachweis nicht verwendbar ist.
Polonium 210 wird durch Neutroneneinfang aus Wismut 209 hergestellt und zerfällt mit einer Halbwertszeit von 138 Tagen über einen Alpha-Zerfall zu Blei 206.
Die tödliche Dosis wird bei Inkorporation mit 8806 kBq oder 50 µg angegeben. Litwinenko erhielt wahrscheinlich eine Dosis von 2GBq oder 20 mg - also etwa das 200-fache der tödlichen Dosis.
Alles über das radioaktive Isotop Polonium 210 - Vorkommen, Eigenschaften, Aktivität und Strahlenbelastung sowie Nachweis im Körper gibt es unter: http://uwa.physik.uni-oldenburg.de/21920.html#_Toc153256446
Quelle:
Kommentieren