Keine Platzangst in der Röhre

Offene Magnetresonanztomografie

Karl-Heinz Szeifert 15 May, 2019 00:00

Offene Magnetresonanztomographie (offene MRT) bezeichnet die MRT mit Geräten in einer speziellen Bauform, bei der der Hauptmagnet nicht in Form einer langen geschlossenen Röhre („Tunnel“), sondern mit besseren Zugangsmöglichkeiten zum Patienten gebaut ist.

Wichtige Anwendungsgebiete der offenen MRT sind die Untersuchung von Patienten mit Klaustrophobie und die Durchführung von chirurgischen Interventionen unter MRT-Kontrolle.

Bei der Konstruktion offener MRT-Systeme sind besondere technisch-physikalische und bauliche Schwierigkeiten zu überwinden. Je nach Hersteller sind verschiedenartige Systeme entwickelt worden:
Die früheren offenen Systemkonzepte arbeiteten zumeist auf der Basis von Permanentmagneten oder konventionellen (nicht supraleitenden) Elektromagneten mit relativ niedriger Magnetfeldstärke (bis ca. 0,6 Tesla).

Seit neuerer Zeit stehen sogenannte offene Hochfeld-MRT-Systeme mit supraleitenden Elektromagneten und Feldstärken bis zu ca. 1 Tesla zur Verfügung. Die Vorteile dieser Systeme sind nicht nur das verbesserte Raumangebot und die gute Zugänglichkeit zum Patienten, sondern auch die Bildqualität, die der von Standard-Tunnelsystemen nahekommt.

Offenes Hochfeld-MRT-System (Wikipedia)

Offene MRT-Systeme werden heute meist in Form eines C-förmigen Magneten mit vertikalem Feldverlauf gebaut (vgl. Abbildung). Alternative Formen beispielsweise mit zwei hintereinanderliegenden ringförmigen Magneten und horizontalem Magnetfeldverlauf (double doughnut-System) haben sich bisher nicht durchsetzen können.
Ein neues, offenes System ist auch das Upright-MRT. Es arbeitet mit senkrecht stehenden Magnetpolen, im Gegensatz zu den zylindrisch gewickelten Magnetspulen des Röhren-MRT und den parallel zum Boden angebrachten Magneten in konventionellen (Sandwich-)Systemen. Dadurch erlaubt es dem Arzt, die Ursachen bestimmter Beschwerden unter realen Belastungsbedingungen zu ermitteln. So werden manche Verlagerungen oder Veränderungen der Wirbelsäule erst sichtbar, wenn sie ihrer natürlichen Gewichtsbelastung im Sitzen oder Stehen ausgesetzt ist, bzw. wenn der Patient eine spezifische Schmerzposition einnimmt. Ebenfalls möglich sind Bewegungsstudien mit mehreren Aufnahmen und unterschiedlichen Körperpositionen.
Die Upright-MRT-Methode hat sich zum Beispiel bei der Diagnose von Bandscheibenvorfällen, Spondylolisthesis (Wirbelgleiten) und belastungsabhängigen Rückenleiden bewährt. Sie eignet sich unter anderem zur Untersuchung von Beschwerden und Verletzungen an Schädel, Wirbelsäule, Kniegelenk, Hüftgelenk, Nerven, Becken und bei Arthrose.
Ein Anwendungsgebiet des Upright-MRT ist die Untersuchung von Patienten, die unter Klaustrophobie leiden bzw. wenn die geschlossene Umgebung des Röhren-MRT zu Beklemmungen führt. Nicht selten wird eine Untersuchung im Röhren-MRT aus diesen Gründen abgebrochen.
Das Magnetfeld des Upright-MRT wird durch einen wassergekühlten Elektromagneten mit einer Feldstärke von 0,6 Tesla erzeugt. Ein 130 Tonnen schwerer Stahlkern verleiht diesem Magnetfeld eine hohe Homogenität. Es verläuft zudem quer zum Patienten – anders als im Röhren-MRT, bei dem das Magnetfeld parallel zu Körperachse ausgerichtet ist. Diese Bauweise des Upright-MRT ist im Wesentlichen dafür verantwortlich, dass die Untersuchung in verschiedenen Körperpositionen durchgeführt werden kann.
Erfolgreiche Interventionen unter MRT-Kontrolle bedingen zwei Voraussetzungen. Zum einen muss dem Arzt entsprechender Zugang zum Patienten möglich sein, zum anderen ist die Qualität und Geschwindigkeit der Bildgebung für Interventionen und Funktionsuntersuchungen relevant. Wo für Funktionsuntersuchung im offenen Hochfeld-MRT hiermit bereits die Voraussetzungen geschaffen sind, sind für erfolgreiche Operationen im MRT noch weitere Herausforderungen zu bewältigen.
Da viele konventionelle Instrumente auf Grund ihrer magnetischen Eigenschaften im Magnetresonanztomographen nicht eingesetzt werden können, besteht die Notwendigkeit zur Verwendung speziell angefertigter MRT-kompatibler chirurgischer Instrumente. An der Charité wird seit Januar 2007 im Rahmen eines von der TSB und der Europäischen Union (EFRE) geförderten Forschungsprojekts an der Entwicklung komplexer chirurgischer Instrumente und deren Anwendung in der offenen MRT gearbeitet. Insbesondere werden dabei minimal-invasive Eingriffe adressiert, die bisher unter Röntgen-CT-Kontrolle vorgenommen wurden.

Mit der Möglichkeit der freien Bildebenenwahl, der offenen Bauweise und der Untersuchungsdurchführung mit schnellen Bildsequenzen bietet sich die Möglichkeit, im Anschluss an Operationen unter MRT-Kontrolle das Operationsergebnis direkt zu beurteilen und gegebenenfalls sofort Korrekturen vorzunehmen.
Am Universitätsklinikum Magdeburg werden seit Oktober 2007 routinemäßig Eingriffe, wie beispielsweise Biopsieentnahmen, periradikuläre Therapien oder die Katheteranlage für Brachytherapie am offenen Magnetresonanztomographen durchgeführt.

Quelle: Wikipedia


Eine für alle gut verständliche Erklärung liefert hierzu ein Beitrag der “ApothekenUmschau“ zur Die Physik der Kernspintomografie

Die Kerne von Wasserstoffatomen haben die Eigenschaft, sich um ihre eigene Achse drehen zu können – wie winzige Kreisel. Durch diese Kernspin genannte Drehung erzeugen sie ein eigenes schwaches Magnetfeld, werden also selbst zu Magneten. Dies sowie die Tatsache, dass Wasserstoff das vorherrschende Element im menschlichen Körper ist, macht man sich bei der Kernspintomografie zu nutze.

Im Inneren des MRT-Geräts befindet sich ein Magnet. Er erzeugt ein Magnetfeld, das viele Tausend Mal stärker ist als das der Erde. Dieses Magnetfeld richtet die Wasserstoffatome wie Kompassnadeln parallel zueinander aus – statt dass sie weiterhin ungeordnet in alle möglichen Richtungen zeigen.

Diese Ordnung wird dann absichtlich gestört. Und zwar durch Radiowellen einer bestimmten Frequenz und Stärke, die der Kernspintomograf als kurze Impulse in die zu untersuchende Körperregion sendet. Die Wasserstoffatome nehmen die in den elektromagnetischen Wellen enthaltene Energie auf. Dadurch geraten sie quasi ins Wanken und kippen aus der Reihe.

Sobald der Radiowellenimpuls vorbei ist, richten sich die Atomkerne wieder parallel zum Magnetfeld aus, kehren also in ihre ursprüngliche Lage zurück. Während dieser so genannten Relaxation geben sie die aufgenommene Energie wieder ab, in Form von Radiowellen. Diese Signale registrieren hoch empfindliche Antennen im MRT-Gerät. Ein Computer verrechnet die Messdaten dann zu Schnittbildern des menschlichen Körpers.

Wie schnell die Wasserstoffatome sich zurückdrehen, welche Energie sie also wann abgeben, hängt davon ab, in welcher Art Gewebe sie sich befinden. Anders formuliert: In jedem Gewebe haben die Atomkerne eine charakteristische Abklingzeit. Daher unterscheiden sich die Gewebearten in ihrem Signal. Diese Signalverläufe setzt der Computer dann zu einem MRT-Bild um, das Organe und Gewebe sehr detailliert darstellt und an Hand ihrer Helligkeit voneinander abgrenzbar macht.

Quelle: Apotheken-Umschau


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