Geschichte aus der Notaufnahme
Das Leben ist ja so ungerecht!
Sonntagnachmittag in der Notfall-Ambulanz eines Kreiskrankenhauses.
Kurz nacheinander kommen zwei junge Mädchen in die Ambulanz, die sich unabhängig voneinander beim Spielen verletzt hatten. Beide sind etwa sechs Jahre alt, etwas ängstlich aber ruhig. - Beide sind auf den rechten Unterarm gestürzt, beide haben fast die gleichen Symptome. Kurz hintereinander werden sie aufgerufen und nach kurzer Untersuchung werden beide zum Röntgen des Unterarms zwecks Ausschluss einer distalen Radiusfraktur geschickt. Die jungen Patientinnen sind zwar immer noch etwas ängstlich, lassen aber die Prozedur des Röntgens nach kurzer Erklärung problemlos über sich ergehen.
Als Ergebnis der Röntgenaufnahmen stellt sich heraus, dass eines der Mädchen eine nicht dislozierte Grünholzfraktur am distalen Radius hat. Bei dem anderen Mädchen wird keine knöcherne Verletzung gefunden.
Bis dahin ist alles normal und unproblematisch! Jetzt wird noch die Therapie besprochen: Der jungen Dame mit der Grünholzfraktur wird erklärt, dass sie einen Gips bekomme, worauf sie sofort panisch wird und jämmerlich anfängt zu heulen, weil sie einen Gips - warum auch immer - auf keinen Fall wolle!
Der jungen Dame ohne Fraktur wird erklärt, dass sie Glück hatte und nur ein Salbenverband angelegt werden solle. Doch auch diese reagiert sofort panisch und fängt ebenfalls an lautstark zu heulen. Auf die Frage was jetzt plötzlich so schlimm wäre, antwortet sie wütend und zugleich schluchzend zur Überraschung aller: "Ich will aber unbedingt einen Gips - ich hab' mich so darauf gefreut!" Und sie würde doch so gerne mit dem anderen Mädchen tauschen - welche auf diesen Tausch auch gerne eigegangen wäre!
Aber das nun mal ausgeschlossen! Beide Mädchen sind von nun an nicht mehr zu beruhigen, weder durch die Eltern noch durch das anwesende Personal. - Und so sitzen sie bis zum Ende der Behandlung nebeneinander auf ihren Stühlen - trotzend, heulend, unzufrieden und ihr Leben als äußerst ungerecht empfindend.
Anmerkung der Redaktion:
Wie lange diese Unzufriedenheit nach Verlassen der Ambulanz noch anhielt, konnten wir nicht mehr erfahren - wir dürfen aber davon ausgehen, dass sich die beiden mittlerweile wieder beruhigt haben und wieder lachen können!
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