Das Märchen von der

Rückstrahlung durch Bleiabdeckungen

Karl-Heinz Szeifert 25 Jan, 2020 00:00

Immer wieder mal wird die Mär verbreitet, dass bei Röntgenuntersuchungen auf Bleiabdeckungen in Nähe des Primärstrahlenfeldes verzichtet werden solle, da es dadurch zu einer Rückstreuung in Richtung Körper des untersuchten Patienten käme.

Das ist allerdings ein fataler Irrtum! Dieser Effekt, manchmal auch Ping-Pong-Effekt genannt, gibt es bei Absorbermaterialien mit hohen Ordnungszahlen nicht. Zumindest nicht bei den Energien, die in der Röntgendiagnostik angewendet werden. Elemente mit hoher Ordnungszahl (wie z.B. Blei) absorbieren diese Strahlung sehr stark über den Photoeffekt und streuen im Vergleich dazu relativ wenig über den Comptoneffekt.

Die Befürchtung, dass die Röntgenstrahlung sozusagen entlang der Bleigummiabdeckung gestreut wird und damit mit höherer Dosis kritische Organe erreicht als ohne Nutzung dieser Abdeckung, ist daher alleine schon aus physikalischer Sicht nicht nachvollziehbar.

Foto: Dr. Goos Suprema

Die Absorption von Strahlung hängt in hohem Maße mit der Ordnungszahl der Elemente zusammen. Sie steigt in der dritten Potenz zur Ordnungszahl.

Beispiel: Absorption Kohlenstoff im Verhältnis zu Blei
Ordnungszahl Kohlenstoff = 6 potenziert mit 3 ergibt: 6³ = 216
Ordnungszahl Blei = 82 potenziert mit 3 ergibt: 82³ = 551368
Das entspricht dann einem Verhältnis von 551368 zu 216 - also etwa 2550 zu 1

Blei absorbiert demnach 2550 mal besser als Kohlenstoff - alleine bedingt durch die höhere Ordnungszahl.

In einer gemeinsamen Studie des Instituts für Medizinische Physik und Strahlenschutz – IMPS, Fachhochschule Gießen-Friedberg und der Klinik für Strahlendiagnostik, Medizinisches Zentrum für Radiologie, Philipps-Universität Marburg wurde belegt, dass eine Rundum-Abdeckung des Abdomens bei Thorax-CT`s von Frauen die Uterusdosis um bis zu 34 % reduziert. Siehe auch unser Beitrag über Bleiabdeckungen bei CT`s im Thoraxbereich.
Prinzipiell sollte aber gelten: Lieber etwas zu viel als etwas zu wenig Patientenschutz anwenden. Natürlich nur soweit es die Beantwortung der Fragestellung der Untersuchung nicht beeinträchtigt.

Außerdem:

Zitat von Prof. Ewen vom Forum-roev.de Frage Nr. 1769:
Man sollte in manchen Fällen auch nicht die positive psychologische Wirkung der Nutzung von Schutzeinrichtungen auf den Patienten unterschätzen, auch wenn deren physikalische Wirkung nicht immer erfolgreich sein sollte.

Dieser Aussage kann mta-r.de nur zustimmen!

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