Nicht alle Fremdkörper sind röntgendicht

Zahnstocher steckte zehn Jahre im Fuß

Karl-Heinz Szeifert 7 Mar, 2019 00:00

Die Ärztezeitung berichtete vor einiger Zeit über eine 26-jährige Patientin, die zehn Jahre mit einem 3,7 cm langen, abgebrochenen Zahnstocher im Fuß lebte. Röntgenbilder lieferten zuvor stets falsch negative Befunde.

Erst nach einer MRT-Untersuchung wurde das 3,7 cm langes Zahnstocherfragment entdeckt und entfernt. Jetzt kann die junge Frau endlich wieder schmerzfrei gehen.

"Wir neigen dazu, Laborwerten und Befunden blind zu vertrauen, den Patienten aber nicht zuzuhören", schreiben Kollegen um Dr. Lorenz Larcher vom Universitären Lehrkrankenhaus Feldkirch. Sie berichten von einer 26-jährigen Patientin, die zehn Jahre mit einem 3,7 cm langen, abgebrochenen Zahnstocher im Fuß lebte.

Das entfernte 3,7 cm langes Zahnstocherfragment

Begonnen hatte alles mit einem vermeintlich harmlosen eingetretenen Zahnstocher. Im Alter von 16 Jahren hatte sich die Patientin zu Hause auf einem Teppich einen Zahnstocher ins Spatium interdigitale I/II am rechten Fuß eingetreten. Die junge Frau konnte damals einen Teil des Zahnstochers selbstständig entfernen, sie erkannte aber, dass noch ein abgebrochenes Stück des Holzstäbchens in ihrem Fuß verblieben sein musste.

Daraufhin suchte sie ein Krankenhaus auf, wo außer anderen Untersuchungen auch ein Röntgenbild angefertigt wurde. Dieses zeigte allerdings keinen Hinweis auf einen Fremdkörper. Auch der Versuch, das nicht detektierbare abgebrochene Zahnstocherfragment zu entfernen, missglückte und die Patientin wurde unverrichteter Dinge ohne weitere Maßnahmen nach Hause geschickt.

Sechs Jahre lang litt die Patientin unter rezidivierenden Schmerzen, bis sie vor vier Jahren umknickte. Von da an kam es zu einer Beschwerdeprogredienz. Mit der Verdachtsdiagnose einer Mittelfußfraktur wurde die Patientin wieder geröntgt. Und auch dieses Mal war kein Fremdkörper sichtbar.

Mit Verdacht auf eine Fasziitis wurden eine konservative und analgetische Therapie eingeleitet sowie ein Gipsverband zur Ruhigstellung veranlasst. Die Schmerzen blieben dennoch bestehen, so dass die Patientin eine Reihe von Ärzten konsultierte.


Opeative Entfernung des Fremdkörpers

Unter Vollnarkose wird das Spatium interdigitale I/II im rechten Fuß der Patientin eröffnet. - © Universitäres Lehrkrankenhaus Feldkirch


In der Zwischenzeit war auch der Fuß geschwollen und fühlte sich heiß an.

Erst einige Zeit später erkannte ein Arzt die Situation und veranlasste ein MRT mit Kontrastmittel. Ein länglicher Gegenstand war nun endlich sichtbar. Die Patientin wurde daraufhin am Universitären Lehrkrankenhaus Feldkirch zur operativen Sanierung vorstellig. Nach dem Eingriff war die junge Frau wieder vollkommen frei von Schmerzen und auch wieder vollständig mobil.

Obwohl eine Röntgenaufnahme zur Darstellung von Fremdkörpern in der Regel gemacht wird, müsse dennoch daran gedacht werden, dass strahlenundurchlässige Materialien mit einem konventionellen Röntgenverfahren nicht immer leicht darstellbar sind. Das gilt insbesondere bei komplexen anatomischen Körperteilen, erinnern Larcher und seine Kollegen.

Wenn nun ein Patient wie diese junge Frau über anhaltende Schmerzen berichtet, dann sollte an ein alternatives bildgebendes Verfahren gedacht werden, das besser zur Erkennung solcher Fremdkörper geeignet ist. In Frage kommen etwa Ultraschall oder MRT.

Quelle: Universitäres Lehrkrankenhaus Feldkirch


Hierzu noch die Empfehlungen der Strahlenschutzkommision aus der Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen zur Suche nach Fremdkörpern.

Fremdkörper:K28 Weichteilverletzung: FK (Metall, Glas, Farben)
Rö - primär indiziert (Alle Arten von Glas und einige Farben sind röntgendicht.)
US - primär indiziert (US ist heute eine wesentliche Ergänzung zur Rö (Anzahl, Ausmaß, Lokalisation))

K29 Weichteilverletzung: FK (Kunststoff, Holz)
US - primär indiziert
MRT - weiterführende Untersuchung (In Ausnahmefällen bei nicht konklusivem US)
Rö - nicht indiziert (Diese FK sind nicht röntgendicht)

Komplette Textversion der Orientierungshilfe: http://www.ssk.de/de/werke/2008/volltext/ssk0813.pdf


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